Ein (bayerisches) Gedicht für die Freiheit und für di

Ein (bayerisches) Gedicht für die Freiheit und für di

Ein Gedicht für die Freiheit und für di

Du fühlst di ausg’laugt und leer
in deinem Kopf drahn sich de Gedanken so schwer
Da Nebel vor deine Aug’n werd immer no dichter
und zoagt dia a verzerrte Welt aus lauter lachende G’sichter

Fremde Stimmen graben sich langsam in dei Hirn
nur Wörter ohne Bedeutung  die sich in Verzweiflung verlier’n
Der Strudel der Traurigkeit hat di ganz plötzlich verschluckt
für an brennenden Schmerz der pulsierend in dir zuckt

Hast ihra olles übergem deiner kostbaren Zeit
di selbstmitleidig ei’gsparrt in am Gefängnis aus Sicherheit.
Durch Gitterstaberl hast dir dann dein Sternenhimmel o’gschaut
und dabei doch so wenig auf dei Herz vertraut

De Stimme der Freiheit hat laut nach dir gschrien
für a Leben mit mir mußt erst olles verliern
Du brauchst nix von dem was i soag a versteh nur den Augenblick leben
und i versprich Dir i werd Dir dafür olles geben

As G’witter von vorhin hat sich g’rad eben verzog’n
über dir schillert a wunderscheena Regenbog’n
Auf oana Wolk’n fliagst dann  hi zu ihr
zu  DEINER Freiheit und klopfst an ihr Diar

Wia ihr eich siegts  lachts ihr eich  o
daß ihr zwoa zam g’herts hoab i gwusst irgendwo
Sie umarmt di mit ihra Kraft und i spür
no nia warst du näher bei dir

Aus ganzem Herzen geschrieben für dich …

Ich wünsche dir, daß du dir die Freiheit nimmst in Freiheit zu leben und frage dich, wann bist DU wirklich frei?

Danke aus ganzem Herzen für’s Lesen und Zuhören, M

Foto T.Linke

 

Der Arzbacher Hof trifft das Festzelt

Der Arzbacher Hof trifft das Festzelt

Letztes Wochenende wurde uns an eine ganz besondere Ehre zu teil. Wir durften anlässlich des Almbauertages drei Tage lang ein Festzelt für 1000 Personen organisieren und bewirten.  Der Veranstalter des 68. Almbauerntag vom 09.-11.10.2015 war der Almwirtschaftlicher Verein Oberbayern (AVO) zusammen mit der Gemeinde Wackersberg.

In der Nachkriegszeit herrschte große Not, da es an allen Dingen des täglichen Bedarfs mangelte. Es gab nicht annähernd ausreichend Nahrung, dazu fehlten Kleidung und Wohnung. Millionen Flüchtlinge kamen aus dem Osten ohne ein Dach über dem Kopf, ohne Arbeit – in ein Land mit zerstörten Städten und demontierten Industrieanlagen. Das Geld hatte keinen Wert mehr, der Großteil an Geschäften musste über den Tauschhandel abgewickelt werden. Der Überlebenswille der Menschen in der Zeit danach war aber besonders stark. Zu dieser Gruppe gehörten auch Georg Fischbacher vom Unterbuchberghof am Tegernsee und seine Mitstreiter in Sachen Almwirtschaft. Mit der Gründung des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern (AVO) wollten sie gemeinsam das Land wieder aufbauen, durch einen Zusammenschluss aller oberbayerischen Almbauern bessere Lebensbedingungen für ihre Berufskollegen schaffen und aktiv und rührig ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Sie wollten nach Kräften am Wiederaufbau der Heimat beteiligt sein und nicht jammern und um Almosen betteln. Fischbacher verstand es, mit Überzeugungskraft und Überredungskunst alle positiven Kräfte in der oberbayerischen Almwirtschaft um sich zu sammeln. Das war eine Gruppe von aufrechten und vertrauenswürdigen Männern, die sich schnell den Respekt der Politiker und die Achtung der Behörden verschaffen konnten, die es auch verstanden, sachlich auf die Bedeutung der Almwirtschaft und ihre missliche Lage aufmerksam zu machen. Am 30. August 1947 fand im Sitzungssaal des “Landwirtschaftlichen Wochenblattes” in München die Gründungsbesprechung des “Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern” statt. Aus der Niederschrift über die Gründungsbesprechung geht hervor, dass sich die anwesenden 17 Almbauern für eine eigene Organisation aussprachen und einen Anschluss an den Bayerischen Bauernverband ablehnten. Georg Fischbacher bestand auf einer zwanglosen Organisation der oberbayerischen Almbauern zur Wahrung ihrer Interessen, die speziell bei den vielen Berechtigungsalmen in Oberbayern einer individuellen Lösung bedürfen. Im Rahmen dieser Gründungsbesprechung stimmten die Almbauern über die Vorstandschaft und die Einteilung der Bezirksalmbauernschaften ab. Die weiteren Organisationsaufgaben, die Aufstellung einer Satzung und die Eintragung des Vereins wurden der Vorstandschaft übertragen. ( Quelle www.almwirtschaft.net)

Einmal im Jahr treffen sich nun alle Mitglieder zur Hauptversammlung am Almbauertag. An diesem Tag wurden unter anderem langjährige Almleute geehrt, ein Festgottesdienst mit anschließendem Festzug abgehalten und natürlich darf dann auch ein Festzelt mit reichlich Bier und deftigem Essen nicht fehlen. Dieses Mal werde ich gar nicht soviel schreiben, sondern einfach einmal nur die Bilder für sich sprechen lassen, weil ich finde, daß es sie in diesem einen speziellen Fall viel mehr aussagen als tausend Worte.

Die Vorbereitungen zum Festzelt begannen schon ein halbes Jahr vorher, aber richtig konkret und auch greifbar ist es dann erst, wenn da Zelt steht.

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Tausend Vorbereitungen, so viele Gedanken und irgendwann geht’s dann einfach los. Es ist ein bißchen so wie vor Prüfungen, wenn man das Gefühl hat, man könnte immer noch was anschauen, immer noch was verbessern.  Und mit Sicherheit gibt es etwas, daß man beim nächsten Mal anderes machen würden. Etwas an das man gerade jetzt nicht denkt.  Wir sind aufgeregt und voller Vorfreude. Das erste Mal Festzelt. Unglaublich.

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Es ist angerichtet und kann endlich los gehen…

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Freitag, 09. Oktober 19 Uhr. O’zapft is. 1.Tag. Zur Einstimmung das Weinfest vom Maßenclub mit der Band “Tiroler Ursprung” und die Erkenntnis des Tages, daß die Personaldichte im Service halbiert werden kann. Nicht wegen zu geringer Auslastung, sondern wegen Effektivität;-)

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Tag 2. Samstag, 10. Oktober.2015 “Oimarisch g’spuid und g’sunga” Es spielen uns singen: die Musikkapelle Wackersberg, die Lärchkogel Musi und der Wackersberger Almchor. Hans Demmel moderiert den Abend, gewohnt souverän und äußerst unterhaltsam.

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Auftritt der GoaslerIMG_9160

Der Almochs  “Klitschko” vom hiesigen Bauern Alois Willibald und seiner Familie wird für seinen großen Tag am Sonntag vorbereitet. A Mordsviech so a Ochs.

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Tag 3/ DER Almbauerntag. Gleich in der Früh klingelt das Telefon und der Hans Demmel ist dran. Der Festgottesdienst ist im Zelt und nicht wie geplant an der Pestkapelle. Umziehen, alles einpacken in Rekordzeit und rauf nach Wackersberg. Um 10 Uhr geht’s los, das Festzelt ist randvoll und wir startklar…

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Film Festgottesdienst/Festumzug:

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…und dann war’s auf einmal vorbei das Almbauernwochenende und wir waren froh und glücklich. Einfach deswegen weil es eine so wertvolle Erfahrung für uns war und wir alle Eindrücke, all die “neuen” Dinge die wir dabei lernen durften mit zu uns in den Arzbacher Hof nehmen können. Und zum Schluß und am allermeisten bedanken wir uns bei allen Mitwirkenden, ehrenamtlichen Helfern, bei unseren Gästen und einfach bei jeden der den Almbauerntag in irgendeiner Art und Weise unterstützt hat. Vergelt’s Gott wie man bei uns in Bayern sagt aus ganzem Herzen. Ohne die ganze Unterstützung und das uns entgegengebrachte Vertrauen wäre das alles nicht möglich gewesen. Das ist uns klar.

Nach dem Abbau am Montag fahre ich noch einmal an dem Platz an dem noch einen Tag vorher so viele Menschen zusammen gegessen, Hacker Pschorr Bier getrunken und viel gelacht haben. Neue Geschichten die man sich später einmal erzählen wird sind entstanden und jeder sieht das Festzelt aus seiner eigenen Perspektive. Ein seltsames Gefühl über die leere Festwiese zu gehen. Es ist so wie wenn man eine Kerze ausbläst. Das Feuer erlischt zwar, aber die Energie bleibt noch im Raum. ( das habe ich einmal irgendwo gehört und ich finde den Vergleich an dieser Stelle sehr treffend) Ich schaue mich dankbar um und bin wieder einmal faziniert. Ich denke an meinen Mann, der das Zelt ja schon seit Monaten in seinem Kopf mehrmals auf und abgebaut hat. Ich bin kurz vorher dazu gekommen, als er es bereits sehen konnte und habe mich gerne an seine Seite gestellt und es mir zeigen lassen. Was alles möglich ist…

Was ich dir heute wünsche? Ich wünsche dir, daß du immer davon überzeugt bist, daß alles grundsätzlich möglich ist. Daß du keine Angst vor dem Unbekannten hast und daß du die gleiche Erfahrung wie wir an diesem Wochenende machen darfst: Es gibt immer genug Menschen, die hinter dir stehen und dir helfen. Einfach so und weil sie es gerne und  aus ganzem Herzen tun. Ich bin mir sicher, alles Gute kommt zurück. An einer anderen Stelle, an einem anderen Ort.

aus ganzem Herzen, M.

Wahre Liebe geht durch den Magen – ein bayerisches Gedicht zu Kirchweih

Wahre Liebe geht durch den Magen – ein bayerisches Gedicht zu Kirchweih

Von da Fliagaplatt’n und da Liebe

Passt’s amoi auf, jetzt erzähl i eich was
von oana idylischen Wiesn, mit am saftigem Gras
wo friedlich nebeneinander lem, Ant’n, Gäns und Henna
und i frag di, gibt’s was des is no scheena?
Doch im Zustand der Glückseeligkeit
kimmts auf omoi gor soweit
das sich a Ant’n in an Gänserich verliebt
ja was auf der Welt ois gibt?

A den Gänserich den hat’s dawischt und de zwoar wern a Paar
jetzt kannt ma moana ois is g’richt, ois is wunderbar
Aber aus is mit der Glückseeligkeit
und auf der Wies’n gibt’s nur no Tratsch & Neid
A Ant’n und a Gans des passt ja garned zam
a so a Schmarr’n, des dauert gwiss ned lang
A bsonders blede Gans de faucht, nimmer lang dann is eh Kirchweih
dann sterb’n ma olle und aus is dann mit eichana Liebelei
Do ruckt der Gänserich no a bisserl näher zu seiner Ant’n hi
und sagt, las nur redn, i bin do für di
weg geh i von dir nia
und wenn i stirb dann nur mit dir
De Ant’n flüstert, i hab di gern
wenn scho, dann mecht i mit dir zam im Ofen knusperig wern
neben dir lieg’n in da Soß, bei Knödel, Blaukraut und am Truthahnfilet Kirchweih zu Ehr’n
mit dir miteinander an Märtyerertod sterb’n
So is dann a kemma und du fragst di was is aus dene zwoa woarn
in Himmel san’s kemma, weil’s so heldenhaft san gstorb’n
Jetzt hockan’s glücklich auf oana Wolkn und schaun oba wia de Leid im Arzbacher Hof a Fliaggaplatt’n essen
und wünschen sich, das earna Botschaft nia vergess’n
drum los dir groad no omoi sagn
wahre Liebe de geht durch’n Magn

aus ganzem Herzen für eich,

von M.

 

Die Isarwinkler und ihr Wiesnspirit

Die Isarwinkler und ihr Wiesnspirit

Der direkte Weg zur Wiesn fängt für den Arzbacher an der Haustüre an. Zu Fuß geht’s über den Isarweg nach Gaißach zur nächsten BOB-Station. Wie jedes Jahr stellt der BOB Fahrkartenautomat eine mittelschwere bis sehr schwere Herausforderung dar. Wieviel dürfen jetzt noch einmal mit dem Bayernticket mitfahren? ( Die Antwort: Fünf) Da die Wiesn nur einmal im Jahr ist, muss ein Großteil der Oktoberfest-Passagiere den Touchscreen nur um diese Jahreszeit bedienen. Geldscheine werden nicht angenommen, darauf hin noch einmal gedreht,  glatt gestrichen und erneut eingesteckt. Kleingeld fällt durch, wird wieder einzeln  eingesammelt und an Trachtenjankern gerieben (warum auch immer) und ein erneuter Versuch verzögert die Abfahrt und verlängert die Schlange hintern BOB Automat. Seltsamer Weise ist genau in dieser Schlange aber immer jemand dabei, der kulanterweise die Sache in die Hand nimmt und in relativ kurzer Zeit so viele Bayerntickets ausdrucken kann, dass beim Eintreffen der BOB alle doch noch rechtzeitig einsteigen können. In der BOB steigt dann die Vorfreude. Die ersten Wiesnbesucher sind schon in Lenggries eingestiegen, weitere folgen in Gaißach ( Gaißach hat gleich 2 Haltestellen!), Bad Tölz, Reichersbeuern…man erkennt sich. Jeder Isarwinkler trägt Tracht. Grüngestickte Lederhosen, grüngesamter Hut, handgestrickte Strümpfe und Hosenträger mit dem jeweiligen Gemeindewappen, manchmal auch den Initialen des stolzen Besitzers. Die Damen tragen wunderschöne und maßgefertigete Dirndl. Meistens eins zweiter Wahl, das für d’Wiesn scho langt, aber trotzdem immer noch seeehr gut weg kommt im Vergleich mit dem klassischen C&A Dirndl und anderen diversen Flatline-Anbietern. In Punkto Tracht ist der Isarwinkler überhaupt empfindlich. Harry G spricht uns allen aus der Seele! Hüte mit Pfauenfedern, Plastikdirndl oder rosa Kniestrümpfen gelten als persönliche Beleidigung. Der Isarwinkel verbindet Tracht als Ausdruck seiner Persönlichkeit. So schauts aus. Der klassische Isarwinkler fährt mit der BOB auch bis zur Donnersbergerbruck’n,  nicht bis zum Hauptbahnhof und fährt eine Station S-Bahn und geht von der Hackerbücken aus die paar Meter zu Fuß zur Wiesn. Des macht ma einfach so.  Dort angekommen, versetzt ihn das bunte Treiben immer wieder auf’s Neue in Erstaunen. So viele Leid, so an Haufn Fahrgeschäfte, so viele Zelte! Das größte Volksfest der Welt! Es wird ein bisserl herumgebummelt, vielleicht einmal Looping, Ketten- oder Weißbierkarussell gefahren, bevor es zu den reservierten Tischen ins Bierzelt geht. Nur zum Schaun fährt der Isarwinkler nämlich ned in die Wiesn, mit den Kindern eventuell, aber sonst nicht. Er hält sich meistens im Hacker, Schottenhammel, Bräurosl, Augustiner, in der Ochsenbraterei oder irgendeinem Paulanerzelt auf. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber im Marstall (ehemals Hippodrom) oder Käfer findet man ihn grundsätzlich und eigentlich nie. Auch nicht im Hofbräuhauszelt. Too international, da ist der Isarwinkler konservativ. Unter Umständen triffst du ihn noch in der alten Wiesn oder in einem der kleinen Zelte. Der Isarwinkler muss sich heimisch fühlen, sonst wird er grantig. Hat er aber dann sei Platzerl g’fundn, sitzt er und  steht außer zum Bieseln nimma auf. Warum auch. Als Allererstes wird  gegessen, bevorzugt traditionell ein Wiesenhendl und somit eine gscheide Unterlage geschaffen. Es dauert ein paar Maß, aber spätestens nach “Fürstenfeld” von STS oder Hubert von Goiserns “Brenna duat’s guat” steht der sonst so gemächliche Isarwinkler auf der Bierbank und ist mittendrin im Wiesenfeeling. Und wisst’s ihr wer des eigentlich olles macht? Wisst’s ihr eigentlich wer genau für dieses Wiesenfeeling verantwortlich ist? Na? Ja dann passt’s moi auf, i erzähl eich jetzt a Gschicht.

Er wohnt ganz oben tief im Herzen der Bavaria und nur weil wir ihn nicht sehen können ist er trotzdem da. Wo er sich das ganze Jahr über aufhält weiß keiner so genau, aber spätestens wenn die ersten Schausteller ihre Fahrgeschäfte aufbauen und die Zelte langsam wieder die gewohnte Form annehmen, spürt man, dass er irgendwo da draußen sein muss. Er ist spricht alle Sprache die es auf dieser schönen Welt gibt, ist verständnisvoll, sanftmütig. urlustig und herzensgut. Seine Anwesenheit wird immer präsenter und ist spätestens bis zum Wiesnauftakt mit dem Einzug der Wirte nicht mehr zu leugnen. Er ist der heilige Geist des Münchner Oktoberfestes, die Rede ist vom Wiesnspirit. Wenn am Morgen die ersten rotgelben Strahlen der aufgehenden Sonne auf die Bavaria runter strahlen, dann schleicht er sich langsam unter die Leute. Er zaubert den Standlbetreibern, den Musikern, den Bedienungen, den Straßen- und Heimkehrern…ein Lächeln ins Gesicht. So dass sie tatkräftig und gutgelaunt wieder an die Arbeit gehen. Die noch übrigen Wiesnbesucher begleitet er sicher bis zur nächsten U-Bahnstation oder er ruft ihnen ein Taxi, wenn sie es selber nicht mehr können. Wenn du dich zum Beispiel fragst, wie du gestern Abend von der Wiesn heimgekommen bist, dann kann ich dir sagen, da war ganz sicher der Wiesnspirit am Werk. Mittag sitzt er am liebsten in einer gemütlichen Münchner Runde. Adrette Rentner die ausschauen wie James Dean es jetzt tun würde und  während der Mittagswiesn Schafkopfn, entspannte Damenrunden, die sich zum Ratschen dieses Mal ausnahmsweise im Bierzelt anstatt im Cafe Kugelhupf treffen oder auch der strahlende Japaner, der gerade genüsslich seine Weißwurst aussaugt und grinsend eine Brezen hinter herschiebt.

Der Wiesenspirt is einfach gern da, wo es zünftig ist. Wenn die Kinder nach der Schule oder dem Kindergarten vorbeikommen, dann freut er sich ganz besonders. Er fährt wilde Maus und Riesenrad, isst babige, rosa Zuckerwatte oder hilft ihnen, dass man beim Losestandl nicht nur Nieten hat oder auch dabei dass der Papa in der Schießbude besser trifft. Kinder sind für ihn sowieso das Höchste und wenn ihre Augen leuchten, dann geht ihm im wahrsten Sinne des Wortes das Herz auf. Er versucht, so gut es geht auf zu passen und wenn dann wirklich einmal ein Kind verloren geht, dann schaut er, dass es ganz schnell wieder zu seinen Eltern kommt. Aber trotzdem mahnt er, passt’s gut auf eure Kinder auf. Die Wiesn ist so groß und für ein Kind ist es eine mittlere Katastrophe, wenn es dort im Gewimmel verloren geht.

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Am späten Nachmittag füllen sich die Zelte mit Leuten aus nah und fern, ja aus der ganzen Welt. Der Wiesenspirit wartet geduldig am Eingang eines jeden Zeltes und passt auch da wieder auf, dass alle Gäste entspannt zu ihrem Sitzplatz kommen und ihre erste Maß in angenehmener Gesellschaft einnehmen können.

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Wenn die Musik zum Spielen anfängt, die Menschen singen und lachen, dann wartet der Wiesenspirit auf seinen großen Moment. Darauf das sich alle Herzen ganz weit für ihn öffnen!

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Genau in diesem Augenblick transformiert der Wiesnspirt dieses Gefühl der Einheit und der Heiterkeit in ein ganz universal, verbindendes Urgefühl, das seinem eigenen Wesen am allermeisten entspricht. Dem einzig und wahren Wiesnspirit! Fremde Menschen liegen sich in den Armen, jeglicher Groll den man vielleicht gerade noch gegen seinen Sitznachbaren hegte, hebt sich auf, man schwebt regelrecht auf der Woge der Glückseligkeit, vergisst Zeit und Raum und lässt sich einfach mit diesem Gefühl treiben. Jeder der es schon einmal erlebt hat, weiß, dass es eigentlich nicht zu beschreiben ist. Wenn das Gefühl sich über die ganze Theresienwiese ausgebreitet hat, dann hockt er ganz oben in seiner Bavaria und schaut runter. Überglücklich, dass er es wieder einmal geschafft hat Grenzen zu überwinden, Menschen zu verbinden, Herzen zu öffnen.  Manches Mal hat jemand gemeint, er hat ihn gesehen, den Wiesenspirt. War es auch nur ein flüchtiger Moment, ein glückliches Pärchen, dass sie gerade gefunden hat, ein lächelndes Kind, das einen Luftballon an der Hand hält, eine selige Oma, die ein Herzl mit “bester Oma” umhängen hat. Schau genau hin, dann siehst du ihn den Wiesnspirt. Er ist da, überall und auch in dir, wenn du das möchtest.

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Spätestens wenn um 23 Uhr die letzten Gäste das Zelt verlassen, dann geht er auch langsam heim. Sorgt hier und da noch dafür, dass manche Raufereien gut ausgehen, dass Streitigkeiten doch noch ein gutes Wort am Ende finden und weil er weiß, dass er nicht alles ändern kann, kann er sich auch für ein paar kostbare Stunden zur Ruhe legen.

Auch der Isarwinkler geht langsam heim, vielleicht bleibt der ein oder andere noch im Weinzelt hängen. Im Grunde aber meidet der Isarwinkler die Wiesn nach Mitternacht, wie der New Yorker den Central Park um diese Zeit. Er ist froh, wenn er die letzte BOB schafft und wieder auf den Weg nach Hause ist. Schnell noch eine Fischsemmel oder einen Steckerlfisch gekauft oder gebrannte Mandeln und Magenbrot für die Daheimgebliebenen. Ein konserviertes Stückerl vom Wiesnspirit. Müde, aber erfüllt vom Selbigen und von dem Gefühl, dass er genau weiß, wo er hingehört. Und weil sich in der letzten BOB wieder alle treffen, vereint und glückselig, gibt es ihn ganz sicher auch, den Isarwinkler Spirit, da bin ich mir ganz sicher. Kleiner, nationaler, aber trotzdem allumfassend.

Ich wünsche dir, dass du bereit bist für den Wiesnspirit und das seine Kraft auch dieses Jahr wieder ausreicht für eine friedliche Wiesn. Ich wünsche dir, dass es dich berührt und so erfüllt, dass du dieses Gefühl das ganze Jahr über bei dir trägst und von ihm zerrst. Bis zur nächsten Wiesn. Aber noch sind wir mittendrin…

aus ganzem Herzen M.

 

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http://www.oktoberfest.de

Der Ernst des Lebens ist in Wahrheit lustig

Der Ernst des Lebens ist in Wahrheit lustig

Als im August der letzte Tag im Kindergarten nahte, hatte es angefangen. Dieses Gefühl, das besonders alle Eltern und auch sonst die meisten von uns irgendwann einmal kennenlernen.  Das Lebensabschnittsgefühl. Ich sah Leni vor mir, erinnerte mich genau an den allerersten Kindergartentag in der Biberbande. An die Tränen, ohne die es nie ganz geht. An diese Aufregung und die Neugier auf das Unbekannte die auch immer mit dabei ist, wenn etwas Altes geht und etwas Neues kommt. Die Erinnerungen stiegen ganz langsam vor mir auf, so wie Seifenblasen, die sich kurz in den schillernsten Farben vor meinen Augen präsentieren, bevor sie langsam Richtung Himmel fliegen, um erst dann leise zu zerplatzen, wenn ich es nicht mehr sehen kann.  Leni beim Kinder-Yoga, das Kuh Zeichen an der Garderobe, das jetzt zu Leonhard gehört und meine Hand die sie bei unseren ersten Malen auf dem Weg zum Kindergarten so fest gehalten hatte, dass ich sie am liebsten gar nicht mehr los gelassen hätte. Und nicht zu vergessen der Tag an dem Leni sechs wurde,  sich für einen Tag plötzlich in Elsa verwandelte und drauf bestanden hatte im Eiskönigin Kleid zum Kindergarten zu gehen schreiten.

Doch auf einmal war er dann da, der letzte Kindergartentag. Mein Herz war bis zum Rand gefüllt mit Wehmut und tiefer Dankbarkeit für diese wunderbaren Jahre. Wäre meiner Tochter auch nur ein Wort der Rührung über die Lippen gekommen, dann wäre dieses Herz definitiv übergelaufen. Doch Leni verabschiedet sich, souverän. Ist traurig und ist froh, aber eigentlich schon nicht mehr da. Zitternd hielt ich die Kamera in der Hand, aber keiner bemerkt es. So schickte ich in Gedanken nur noch einen stillen Gruß zu den heiligen Räumen in dieses kleine, behütete Nest der Isarbiber und zu unseren Erzieherinnen, weil sie so sind wie sie sind.

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Die Sommerferien vergehen. Wie erwartet unsagbar schnell und wir schweben weiterhin in diesem Vakuum des Lebensabschnittsgefühls, solange bis die Vorfreude alles übersteigt und der erste Schultag näher rückt.

15.September.2015/ 9 Uhr Wir stehen in der Aula der Wackersberger Grundschule und die Erinnerung an meinen ersten Schultag vor ungefähr 28 Jahren sind so klar und präsent, als wäre es gerade erst passiert. Ich sehe mich mit meinem pinken Pferdeschulranzen und damals noch selbstgekaufter Schultüte, genau an diesem Ort stehend. Deja vu. Als wir nach oben in die Klassenzimmer geführt werden, stehen die älteren Kinder der Schule den ganzen Weg von der Aula bis dorthin Spalier und die Schulhymne singend “I moag mei Wackersberg, i moag mei Fischbach, i moag die hohen Berg…” Herzschluchz. Gänsehaut. Der Schulchor hallt noch lange durch das ganze Schulhaus, als wir schon lange in den Klassenzimmern angekommen sind. Meine Blicke wandern durch die Räume die so anders sind als damals und doch erkenne ich alles wieder. Meine Gedanken fliegen zu dir…

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Meine allerliebste große Tochter,

jetzt bist du also ein Schulkind. Es ist an der Zeit, das spüre ich, aber trotzdem kann ich es fast nicht glauben. Du hast mich schon so oft überrascht, dass ich eigentlich gar nicht mehr überrascht sein müßte, wenn du das tust, aber heute hast du es wieder geschafft. Wie selbstverständlich und stolz du doch deinen Schulranzen trägst, so als hättest du genau das schon immer getan. Irgendwann bald, wirst du diese Zeilen selbst lesen können. Wie sehr ich mich doch für dich freue und auf alles was vor dir liegt. Ich wünsche dir, dass du eine ganz wundervolle Schulzeit hast! Dass du viele gute Freunde findest, tolle Lehrer und dort einfach eine gute Zeit hast. Ich  wünsche dir all die großen, wichtigen Dinge: dass du gesund, glücklich, mutig und stark bleibst.  Und wenn ich mir jetzt Fächer aussuchen könnte in denen du lauter Einser schreiben sollst, dann wären das keine Fächer wie du sie aus der Schule kennst:  Ich möchte, dass du träumen kannst. So gut, dass du manches Mal nicht mehr in der Lage bist zu unterscheiden, ob es nur ein Traum oder ob es die Wirklichkeit ist, die du siehst und glaube mir, genau das ist der beste Weg, damit deine Träume tatsächlich wahr werden können. Träume ausschließlich groß  und verteidige deine Träume wie eine Löwin, denn es wird dir sicher jemand begegnen der dir sagen wird, es wäre nur Zeitverschwendung. Sei geduldig und lerne zu warten und es wird zu dir kommen, das verspreche ich dir. Alles fängt mit einem klitzekleinen Gedanken an, einem Wunsch, einem Gefühl…warte bis es stark genug ist und dann gehe los, dahin wo dich dein Herz trägt. Und ich wünsche dir du bist gut im Verzeihen. Fehler machen gehört einfach dazu. So mache viele Fehler, aber lerne daraus. Es ist der schnellste und beste Weg um zu wachsen. Halte an nichts fest. Nicht an den Dingen und nicht an dem was gehen will. Es ist immer ein Zeichen, dass etwas Besseres nach kommt. Vertraue. Glaube – an dich und daran, dass es eine Kraft gibt die uns führt und zusammen hält. Es wird Zeiten geben in denen du diesen Anker in dir brauchen wirst. Und zu guter letzt, wünsche ich dir, dass du immer so lieben kannst, wie du es jetzt tust. Bedingungslos, so ehrlich, so rein, so dass es mich jedes Mal wieder in Mark und Bein erschüttert, wie es das jetzt tut, wenn ich in dein großes, gutes Herz sehen darf.  Alles andere sind nur Nebenfächer, Rechnen sowieso;-). Ich wünsche dir, dass du immer offen dafür bist zu lernen. Das du in Menschen lesen kannst wie in einem Buch, weil sie erzählen die großartigsten Geschichten. Ich wünsche dir und mir, (und uns) dass wir ein Leben lang in Verbindung bleiben. Weißt du noch, als du mir die Frage gestellt hast, was ich glaube, was mit uns passiert, wenn wir sterben? Ich habe dir gesagt, dass ich glaube, dass wir alle einmal wieder in den Himmel zurückgehen und uns überlegen, welche Rollen wir beim nächsten Mal auf dieser Erde spielen möchten. Da hast du gefragt: ” Aber Mama wie erkennst du mich dann?” Dann hast du lange überlegt und meintest: “Jetzt weiß ich’s, ich bin die mit dem Erdbeer-Bikini.” Ja, Leni das bist du. Die mit dem Erdbeer-Bikini und der Delfinschultüte. Und ja kein rosa. Ich werde dich immer wieder erkennen, da kannst du dir sicher sein…

In unendlicher Liebe deine Mama

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P.S. Der Ernst des Lebens ist in Wahrheit und das was du daraus machst und ich bin mir sicher, er ist so ziemlich lustig in deinem Fall!

Und was wünsche ich dir? Ich wünsche dir, dass du wachsam bist. Dass du bereit bist ein Leben lang zu lernen. Das du neugierig bleibst wie ein Kind und hungrig auf das Leben, weil das Alter keine Rolle spielt, sondern nur ein “Nebenfach” ist. Und das du nie aufhörst zu träumen. Träume groß und bunt! Aus ganzem Herzen M.

Im Fluß sein und der ganz besondere Sonntagsausflug

Im Fluß sein und der ganz besondere Sonntagsausflug

Warst du heute schon beim Canyoning oder kommst du gerade vom Gleitschirmfliegen? Vielleicht geht’s ja später noch zum Surfen in den Walchensee oder du paddelst gemütlich auf dem Sup (für alle die’s noch nicht gehört haben: Stand Up Paddeling, also wenn man stehend auf dem Surfbrett paddelt) die Isar runter? Es gibt so viele “Funsportarten” im Isarwinkel und der Alpencampingplatz wimmelt gerade zu von bewegungssüchtigen Abenteurern, kreativen Freigeistern und lebenshungrigen Sportlern aus aller Welt. Einer davon ist Ted Gertin aus Chile. In regelmäßigen Abständen taucht Ted immer einmal wieder bei uns auf. Er baut sein kleines Zelt am liebsten bei dem Bergerl auf der Wiese irgendwo zwischen den Dauercampern auf und ist uns jedes Mal ein äußerst gern gesehener Gast. Am Wochenende erzählte er mir und Tom an der Alpencampingrezeption, daß er morgen mit seinen Kindern eine Rafting Tour von Lenggries nach Bad Tölz macht und fragt uns, ob wir mit wollen. Wir lachen. “Ja, ja und dann fällt noch einer rein…Nein, im Ernst? Echt? Ja, klar wir kommen sofort mit!” Und am Sonntag war es dann soweit. Wir treffen uns um 10.30 Uhr bei Montevia, der Eventagentur in Lenggries bei der Ted arbeitet. Eine Gruppe wird gerade in Neoprenanzüge mit gelben Helmen verpackt, eine andere bekommt zeitgleich auf bequemen, in kreisform angeordneten Liegestühlen eine Einweisung über den anschließenden Raftingverlauf. Ted stellt uns seine bezaubernde Frau Timcsi und seine ebenso zuckersüßen Kinder Marisol und Eliel vor. Marisol ist 6 und bald ein Schulkind, so wie Leni. Und Eliel ist 5, Kindergartenkind, so wie Tommy. Paßt doppelt und perfekt. So wie das Wetter heute. Warm, aber nicht heiß. Wolken und Sonne. Ted verteilt Schwimmwesten und Paddel für alle und wir tragen das Boot einmal quer über die Straße zur Isar, wo es Ted und Timcsi noch einmal aufpumpen und wir alle „wichtigen“ Sachen in wasserdichte Riesensäcke verteilen.

IMG_8258Wir sehen uns um. Was hier alles los ist am Sonntag. Der alljährliche Isarlauf, Floßerfest in Lenggries, Seifenkistenrennen und Tölzer Tollhausfestival…wir für unseren Teil sind das nicht gewohnt. Sonntagsausflüge sind selten und wenn dann meistens in zwei Gruppen aufgeteilt so wie heute. Papa ist in Gruppe 1, den haben wir nämlich zu Hause am Herd gelassen. Gruppe 2 ist startklar.

Wir heben das Boot langsam in die Isar und wenig später sind wir auch schon mittendrin und treiben gemächlich vor uns hin. Ted gibt kurze, kindgerechte Paddelinstruktionen und erklärt wie wir uns beim Durchqueren der gleich folgenden „Isarburg-Stromschnellen“ verhalten sollen. Bei „alle ins Boot“ müssen alle in die Mitte des Bootes (dacht ich’s mir) und ein paar Tricks beachten z.B. wie man das Paddel richtig hält. Ein paar Mal geübt, alles verstanden. Die Kinder sind hellauf begeistert und wir alle fühlen uns wie echte Piraten auf hoher See! Was irgendwie noch authentischer wirkt, wenn Marisol und Eliel mit Mama und Papa spanisch reden. Für mich reden Piraten sowieso immer schon spanisch. Vamous pirata! Da Timcsi zur Hälfte aus Ungarn kommt, sind unsere Piraten dreisprachig unterwegs. Sagenhaft!

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Was mich immer wieder fasziniert ist, das sich die Isar nach jedem Hochwasser wieder komplett verändert. Das Ufer ist auf einmal auf der entgegengesetzten Seite, die Isar fließt links statt ursprünglich rechts und umgekehrt. Der Tag fließt überhaupt so herrlich dahin. Ich kenne ihn ja in und auswendig den Isarweg von Lenggries nach Bad Tölz. Ich frage mich wie viele Kilometer ich auf dieser Strecke schon geradelt und gelaufen bin? Jetzt ist auf einmal alles neu, eine ganz andere Perspektive. Irgendwie ruhiger, entschleunigter, so entspannt.

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Fast wie wenn man in einem Freiluft-Zug (ohne Dach) sitzt und die Landschaft an einem ganz laaangsam vorbei zieht. Immer wieder entdecke ich Dinge die ich so noch nie gesehen habe. Als wir in Arzbach angekommen sind meinen unsere Kinder, daß es hier ausschaut wie daheim, ja wir sind ja auch daheim. Sie erkennen ihren Kindergartenradlweg und sind erstaunt. Also er funktioniert auch hier, der Perspektivenwechsel.

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Wenig später machen wir eine kurze, herzhafte Brotzeitpause in Klein-Kairo. Ich frage Ted was aus Karl Heinz Fett geworden ist. Eine äußert interessanten Geschichte die ich vielleicht ein andermal hier erzählen darf. Karl Heinz Fett war ein ehemaliger Obdachloser, der einfach nur so angefangen hat an diesem Teil der Isar aus Steinen meterhohe Pyramiden zu bauen. Er hat sich selbst auch ein kleines Haus aus Steinen gebaut und dort in Arzbach in Klein-Kario wie er die kleine fiktive Stadt benannt hat, gelebt.

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Später wurde daraus eine Sehenswürdigkeit und die Stadt  Tölz hat Karl Heinz eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Derzeit lebt er in der Lebenshilfe in Bad Tölz. Er ist zu alt geworden, um die schweren Steine zu heben und von Klein-Kario stehen nur noch die vom Hochwasser verschonten Ausmauern. Eine von vielen unglaublichen Geschichten die uns die Isar erzählt.

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Die Ruinen der ehemaligen Wohnung des Pyramidenbauers

 

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Während wir essen, versteckt Ted den Piratenschatz für die Kinder. Fazit: Durch Stromschnellen fahren und Schatzsuchen macht Kinder glücklich.

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Und weil das so ist, geht’s auch schon bald weiter nach Bad Tölz. Ted macht Piratenmusik auf dem Handy an, wir spielen lustige Spiele bei dem sich das Boot dreht, wackelt und schauckelt.

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Um 14 Uhr sind wir am Moraltpark angekommen. Muy felix.

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Die Zeit verging so schnell, unglaublich. Unsere Kinder tauschen Telefonnummer aus, ob’s das bei den Piraten damals auch schon gab? Lieber Ted, liebe Timcsi, liebe Marisol und lieber Eliel, danke aus ganzem Herzen, daß ihr uns auf diese ganz wundervolle, kleine Reise mitgenommen habt. Besser hätte ein Sonntagsausflug nicht sein können.

Ich wünsche dir, daß du immer einmal wieder die Gelegenheit bekommst die Perspektive zu wechseln und die Dinge anders sehen kannst. Und daß das Gefühl “im Fluß zu sein” dich begleitet. Du musst nur los lassen und vertrauen. Am Ende kommst du immer an. Ganz von selbst.  Aus ganzem Herzen M.

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Die Flüchtlinge, du und ich

Die Flüchtlinge, du und ich

Wie paradox es sich doch anfühlt, wenn man in unseren „heilen Welt“ lebt und ich hier in diesem Blog über die Sonnenseiten im Leben schreiben darf, aber doch genau weiß, dass es da draußen genügend Menschen gibt, denen es momentan alles anders als gut geht. Die täglich neuen Bilder über die Flüchtlingswelle nach Europa machen sprachlos und erschüttern uns zutiefst. Wir haben genügend zu Trinken und genug Nahrung, sogar in solchen Mengen, dass wir uns Gedanken darüber machen nicht zu viel zu Essen, um nicht zu zunehmen. Die wenigsten von uns wissen was es bedeutet richtig Hunger zu haben. Die Wasserqualität ist so gut, dass wir qualitativ hochwertiges Trinkwasser aus der Leitung trinken und es sogar zum Waschen oder einfach für die Toilettenspülung verwenden können. Wir haben die Möglichkeit zu werden wer wir sind oder einfach so bleiben, wie wir es für richtig halten. Wir können jederzeit in jedes x-beliebige Land reisen, wann und wohin wir wollen. Wir können unsere Meinung sagen oder auch nicht, ja wir dürfen uns sogar aussuchen, wen wir heiraten oder in welcher Lebensform wir gerne leben möchten. Wir dürfen uns weiterbilden, lesen, jede Art von Medien nützen, um informiert zu bleiben und wenn wir einmal krank sind, haben wir auch noch ein ziemlich rundum versorgendes Gesundheitssystem, dass uns wieder auf die Beine hilft. Vorausgesetzt wir sind nicht ernsthaft krank. Alles andere haben wir in der Hand. Doch wenn es um die Gesundheit geht, werden wir demütig. Wir bewundern todkranke Menschen, wie sie ihr Schicksal meistern, wie offen und ehrlich sie oft mit dem Sterben umgehen, wir selber hätten nicht den Mut dazu. Vielleicht ist es genau dieses Kraft, die dann entsteht, wenn man weiß, das Leben ist endlich. Wenn man weiß, meine Träume muss ich schon selbst erfüllen, sonst tut das keiner. Zumindest kann ich schon mal einen erheblichen Schritt dazu beitragen, wenn ich darauf zu gehe. Wie gerne würde man die „großen Träume“ oft noch zur Seite legen und für später aufheben. Aber Träume wollen gelebt werden und manche Träume sind so hartnäckig, dass sie ein Leben lang an einem kleben bleiben und einen regelrecht verfolgen. Ein nicht gelebter Traum ist wie eine leere Hülle. Wie die ein Heißluftballon in dem keiner mitfliegt, weil es zu mühsam ist ihn auf steigen zu lassen. Doch es wäre jede Mühe wert, aber das wissen wir ja nicht, wenn wir am Boden bleiben.  Ist uns denn nicht allen klar, dass auch für uns irgendwann unsere Zeit gekommen ist und wir in dieser Form endlich sind. Das wir nie wissen, wie viel Zeit uns noch bleibt und das wir damit alle in einem Boot sitzen. Das tun wir sprichwörtlich wirklich. Mittlerweile ist die Flüchtlingswelle überall angekommen. Sogar bei uns in Lenggries, Bad Tölz… zwar noch nicht so ausgeprägt wie in den Großstädten, aber sie ist da. Im Grunde sind wir doch alle Menschen die hier auf dieser Erde leben. Alles ist geliehen und so sehr wir auch an unseren wunderbaren Leben hängen, irgendwann müssen wir es wieder abgeben, wie einen geliehenen Mantel an der Garderobe. Deswegen kann (vielleicht genau darum) das Leben ein riesengroßes, unglaubliches Geschenk sein. Eine großartige Chance. Das Leben ist endlich, aber auch unendlich kostbar.

Ich bin in Oberbayern geboren. Bin ich dann Bayerin, Deutsche oder eher Europäerin, alles zusammen oder einfach nur eine von geschätzten 7.3 Milliarden Menschen der Weltbevölkerung. Habe ich denn ein Recht darüber zu bestimmen, wer in meinem Land leben darf und wer nicht, nur weil ich zufällig da geboren bin und ist es genau genommen überhaupt „mein Land“? Wie kann ich denn über die Situation von den Flüchtlingen überhaupt urteilen, sie werden sicher ihr Leben nicht ohne triftigen Grund riskieren. Würden wir in ihrer Situation nicht genauso handeln? Die Menschen kommen in unser Land, weil sie schlichtweg Todesangst haben und einen Traum vom guten Leben an einem sicheren, friedlichen Ort. Man liest so viel, man sieht und hört soviel. Bilder von toten, vom Meer angespülten Kindern, verzweifelten Menschen, Reportagen über die Zustände vor Ort bis hin zu rassistischen Parolen die in Neonfarben über die Eingangstüre von Flüchtlingsunterkünften geschmiert wurden. Und doch wissen wir viel zu wenig darüber, um sich ein aussagekräftiges Urteil bilden zu können. Was kann man tun? Wie kann man am besten mit dieser Flüchtlingswelle mit schwimmen ohne unter zu gehen, wenn man doch hin und her gerissen ist, zwischen Bedenken ob nicht alles doch irgendwann einmal kollabiert, reiner Menschlichkeit und Mitgefühl für die Flüchtlinge. Ich habe keine Ahnung und die eine richtige Lösung gibt es wohl nicht. Die Welt ist global geworden. Jede Handlung sei sie auch noch so klein, betrifft uns alle. Konkret: Wenn ein Baum im Regenwald abgeholzt wird, mag das noch kein Vergehen sein, in der Menge aber schon und das hat dann wiederum Auswirkungen auf die ganze Erde. Ob ich nun in China oder Norwegen lebe. Wenn irgendwo auf der Welt Krieg ist, hat das auch Konsequenzen für alle von uns. Wir sind alle eins. Das ist Fakt. Nun kann man das Ganze auch umdrehen. Je mehr jeder für dieses große Ganze einsteht, es liebt und verteidigt, um so mehr kommt zu uns allen zurück. Wir sollten die Flüchtlinge in „unserem Land“ willkommen heißen. Jenseits der Frage, ob es nicht andere, vielleicht sogar bessere Lösungen gibt, als die zwangsweise mit erheblichen Gefahren verbundene Flucht nach Europa, welche auf Dauer keine nachhaltige Lösung sein kann. Und trotzdem: habe keine Angst vor dem Unbekannten! Habe keine Angst vor Veränderung! Das hat uns in der Vergangenheit immer mehr gelähmt, als weiter gebracht. Es gibt überall „gute“ und „schlechte“ Menschen, das hat nichts mit Herkunft und Hautfarbe zu tun. Wenn es mittlerweile auch nicht mehr allzu viele Zeitzeugen gibt, dann gab es in Deutschland dennoch auch einmal eine Zeit, in der wir dringend Hilfe gebraucht haben. In der unser Land auch Opfer eines kalten Krieges gewesen ist. Immer schon gab es selbstlose Menschen, die geholfen haben. Die sogar ihr Leben riskierten, um zum Beispiel jüdischen Menschen Unterschlupf zu gewähren. Heute sind das genau die Leute, die Flüchtlingen entgegen manch abschätzigem Blick der Nachbarn bei sich zu Hause aufnehmen. Zwar nicht mehr unter Lebensgefahr, aber aus Überzeugung und unabhängig der Meinung anderer.

Ich wünsche dir, dass du mit den Herzen handelst, in jeder Situation. Das du an das Gute glaubst und keine Angst hast, daran fest zu halten. Wenn wir uns darauf ganz einlassen, besteht immer Hoffnung und denk dran: Wunder geschehen dann, wenn es an der Zeit ist.
P.S. Ich wollte diesen Blogeintrag ohne Titelbild schreiben, denn was könnte ich denn auch einstellen was einigermaßen passend ist? Doch dann ist mir beim Ausräumen unseres Wohnzimmers zufällig dieses Bild vor die Füße gefallen. Sofort war er wieder präsent. Dieser Tag im Schwimmbad. Diese Zeit in Peru. Mein Herz klopft laut und die Erinnerungen sind für mich abrufbar, wie der Refrain eines Lieblingsliedes, welchen man nie vergisst, weil er sich für immer unwiderruflich eingeprägt hat. Damals war ich gerade zwei Monate in Hogar de San Louis, einem Heim für Straßenkinder in Arequipa, Peru. Ich weiß heute gar nicht mehr so sehr, warum ich damals dort hin gereist bin, ich weiß nur, dass ich es irgendwie musste. An diesem Tag sind wir mit den Kindern in ein kleines, öffentliches Schwimmbad gegangen. Der Tag war so ausgelassen, so leicht, so wunderschön. Ich weiß nicht genau was da passiert ist, es war wie ein perfekter Tag im Paradies. Obgleich es das ja offensichtlich nicht war, weil alle äußeren Umstände dagegen sprachen. Aber er war es doch und wir alle haben es damals gefühlt, da bin ich mir ganz sicher. Als ich mich am Ende meiner Zeit vom Hogar und den Jungs (es war ein Heim für Jungen) verabschiedete, liefen wir tagelang die Tränen wie Sturzbäche über die Wangen. Vor Glück, Verbundenheit und Dankbarkeit. Ich war so ergriffen von diesen Kindern, von ihren Talenten, von ihren ganz unglaublichen Potentialen, wobei sie selber doch so wenig an sich glaubten. Ich denke, sie haben damals gespürt, dass ich sie ganz sehen kann. Mit all ihrer Schönheit & Stärke und all den wunderbaren Schätzen die in ihnen lagen. Was hat das mit der Flüchtlingswelle gemeinsam? Wenn wir offen sind, keine Angst haben uns zu begegnen, dann kann dieses Wunder geschehen. Wir müssen nur richtig hinschauen und das Beste in jeden Menschen erkennen. Komm lass uns Freunde auf Zeit werden, komm lass uns leben. Zusammen. Egal wie kompliziert das Problem ist, lass es uns annehmen. Lass uns auf einander zu und vielleicht ein Stück gemeinsam gehen. Hinter jeden Menschen steckt eine einzigartige Persönlichkeit, eine Geschichte, die erzählt werden möchte, du musst nur zu hören. Statt Enge und Angst, wünsche ich dir Vertrauen und Freunde auf der ganzen Welt. Auch wenn’s gerade schwierig ist und genau deswegen. Und weil es am Ende wieder die Liebe ist, die uns alle trägt. Love, no war. Aus ganzem Herzen M.

Titelbild/ Irgendwer aus Arequipa, zu einer Zeit in der es noch Filme zum Entwickeln gab Anmerkung: Wir haben versucht auf diesem Bild nicht zu lachen. Anders als bei den „Cheese-Bildern“ haben wir vor uns her gebrummt. Bedingt gelungen.

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-04/fluechtlinge-fluechtlingspolitik-eu-mittelmeer-frontex

http://www.welt.de/politik/deutschland/article144535152/Warum-die-Fluechtlingswelle-nicht-zu-stoppen-ist.html