Ein Nachruf für dich – Dr. Ralph Bethke

Ein Nachruf für dich – Dr. Ralph Bethke

Ich habe einen wahren Freund verloren. Von einem Tag auf den anderen, völlig unerwartet und es bricht mir das Herz. Dass es ausgerechnet Covid gewesen ist, kann ich fast nicht glauben. Doch jetzt, wo du nicht mehr hier bist, weiß ich, dass es im Grunde gar keine Rolle spielt. Genauso wenig, ob du nun geimpft, ungeimpft, geboostert oder irgendeine unentdeckte Vorerkrankung hattest. Ich will keine Zeit damit verschwenden, darüber nachzudenken. Was zählt ist dein Leben und deine unermüdliche Energie “gut zu sein.” Zwischen uns ist alles geklärt. Ich habe dir und deiner wunderbaren Frau, bei jeder passenden Gelegenheit gesagt, wie unendlich wertvoll und kostbar eure Freundschaft für mich ist. Du auch. An meinem Geburtstag, vor ein paar Wochen hattest du gemeint, sie ist einer der buntesten Steine in deinem Mosaik des Lebens. Ich hätte es nicht treffender formulieren können. Ich habe die Verbindung zu dir und Angelika sofort gespürt & bin aus ganzem Herzen dankbar für die wunderbare Zeit mit euch und dafür, dass wir uns vor über 15 Jahren über den Weg gelaufen sind. Unsere Gespräche waren immer tief, im besonderen Maß bereichernd und gleichzeitig leicht. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen ich so offen reden konnte, wie mit euch. So sehr wir auch ähnlich gefühlt und gedacht hatten, hattest du mich auch immer wieder mit deinen Weisheiten und Erkenntnissen überrascht. Ich konnte so viel von dir (euch) lernen. Wir haben uns manches Mal Monate nicht gesehen, mindestens aber einmal im Jahr. An unserem Karfreitag, der wegen uns, einer meiner absoluten Lieblingstage wurde. Wir hatten uns jedes Mal soviel zu erzählen und deine (eure) Energie blieb noch Tage bei mir. Da war da noch dein Humor. Wir haben oft aus tiefsten Herzen gelacht, bis uns der Bauch weh tat. Du warst einer der spirituellsten Menschen, die ich kenne. Nie hast du vorgegeben, allwissend zu sein. Im Gegenteil, da war diese riesengroße Demut und dieses empathische Verständnis allen Menschen gegenüber, denen du begegnet bist. Manches Mal hatte ich sogar den Eindruck, du bist nicht von dieser Welt…Wir haben oft über das Leben, aber auch über das Danach gesprochen. Unsere Ansicht darüber war immer klar. Deswegen danke ich dir, für all die vielen Zeichen, die du mir seit gestern (und den Tagen zuvor, als ich noch keine Ahnung hatte) unmissverständlich geschickt hast, damit ich weiß, du bist noch hier. Ich werde alles versuchen, um weiterhin achtsam weiterzugehen, um jedes weitere Zeichen von dir zu erkennen. Trotzdem wirst du mir fehlen und ich bin ich unendlich traurig. Mein lieber, guter Freund, ich sage nicht ruhe in Frieden, weil du nicht ruhen wirst. Das steht dir nicht. 😉 Aber geh dorthin wo du zu Hause bist…wir bleiben noch ein bisschen hier und holen dich irgendwann ein. Danke lieber Ralph, danke für alles. ♥

Aus ganzem Herzen und in tiefer Verbindung zu euch, Michaela

Mein Gipfeltreffen aus ganzem Herzen Teil 1

Mein Gipfeltreffen aus ganzem Herzen Teil 1

Jetzt bin ich hier. Genau in diesem Augenblick. Ihr habt mich auf mein Gipfeltreffen mit mir ganz alleine geschickt und ich habe genau diesen Tag dafür gewählt. Es ist mein Geburtstag und nun sitze ich schon eine Zeitlang auf diesem Holzstamm aus Treibholz in der strahlend warmen Herbstnachmittagssonne und atme tiefer ein als ich wieder ausatmen kann. Im Arzbacher Hof ist heute auch eine Geburtstagsfeier, aber die paar Stunden an einem meiner Lieblingsplätze im Isarwinkel habe ich einfach so geschenkt bekommen. Für eine Bergtour reicht der Nachmittag nicht ganz. Zumal es zu dieser Jahreszeit nicht allzu lange dauert, ehe die Sonne untergeht.

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Der Sylvensteinspeicher kurz vor Vorderriß

Es soll auf gar keinen Fall einer dieser klassischen Lebensläufe sein. Keine Aneinanderreihung von Ereignissen, von Zahlen oder eine Aufzählung der Ausbildungen oder Zertifikate die ich einmal erhalten habe.  Es gibt einen Satz von Kahil Gibran, der mich so sehr berührt hat, dass er mich seitdem ich ihn das erste Mal gelesen habe begleitet.

Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schaue nicht darauf, was er im Leben erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt.

So glaube ich ist es auch. Viel mehr als irgendetwas anders über dich sagen deine Träume, deine tiefen, ehrlichen Gefühle und das wovon du richtig, richtig Herzklopfen bekommst über dich aus.  Nicht ich, sondern ihr habt mir dieses Mal die Fragen gestellt. Manches Mal musste ich nur kurz überlegen, ein anderes Mal, sehr, sehr lange, was auch der Grund dafür ist, dass ich dieses Gipfeltreffen tatsächlich erst so viel später für euch auf schreiben konnte. Dieser Tag hier an einem meiner absoluten Lieblingsplätzen an der Isar in Vorderriß ist der erste Teil. Über den andere Teil des Gipfeltreffens genau einen Monat später am Geigerstein schreibe ich nächste Woche. Denn was ist ein Gipfeltreffen ohne Gipfel? Wenn ihr möchtet, dann nehme ich euch so gerne mit…

Ich kenne dich nicht persönlich, aber dein Blog ist so optimistisch und positiv geschrieben. Woher kommt diese Grundeinstellung bei dir und war das schon immer so oder wie bist du so geworden?

Vielen Dank für deine Frage. Ich habe tatsächlich ein ganz großes Urvertrauen in mir, aber woher das kommt, darüber habe ich noch gar nicht so bewusst nach gedacht. Irgendwie war es schon immer bei mir, aber vielleicht ist das was ich dir jetzt erzähle eine Erklärung. Ich schreibe es auf, weil es gleichzeitig der Anfang von mir ist und der Grund warum ich überhaupt auf dieser Erde bin.

Ich wurde am 22.Oktober.1980 in Bad Tölz geboren. 17 Monate vorher ist mein zweijähriger Bruder an einem Gehirntumor gestorben.  Keiner hatte das wirklich erwartet, obwohl alle Zeichen dafür sprachen.  Meine Eltern trauerten um ihren Sohn, dessen Leben doch gerade erst begonnen hatte und meine beiden Schwestern verloren ihren kleinen, über alles geliebten Bruder.  Als meine Mama mit mir schwanger war, war es ein großer Segen noch einmal ein Kind geschenkt zu bekommen.  Auch wenn ich meinen Bruder auf dieser Welt nie kennen lernen durfte, so bin ich mir sicher, sind wir uns in der anderen sehr wohl begegnet. Als Kind habe ich oft mit ihm geredet und mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht warum das so ist.  Es fühlte sich für mich einfach ganz natürlich an.  Vielleicht war es ein bisschen so, dass ich dieses Gefühl für unsere Familie mitbrachte. Das Gefühl, dass es weiter geht und das sie wieder glücklich sein dürfen. Vielleicht ist das einfach mein Auftrag gewesen Zuversicht und Vertrauen zu vermitteln und manches Mal glaube ich, diese Aufgabe bleibt mein ganzes Leben lang bei mir. Und vielleicht scheint es hin und wieder naiv, aber ich bin einfach davon überzeugt, dass am Ende immer alles gut wird. Ich glaube, dass wir Dinge oft erst rückwirkend verstehen können und es immer um die Liebe geht, die uns führt und leitet. Je mehr Liebe in unserem Leben ist, um so sicherer und direkter führt uns dieser Weg ans Ziel und somit zu uns selbst. Das mit dem Optimismus ist also schätzungsweise angeboren.

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Mir ist aufgefallen, dass du viele Geschichten aus deiner Kindheit geschrieben hast oder immer einmal wieder erzählst, wie schön du damals alles erlebst hast. Was gibst du denn deinen Kindern davon weiter und gibt es so etwas wie ein Grundrezept für eine glückliche Kindheit?

Meine Kindheit war wunderschön. Abenteuerlich, bunt, frei und gleichzeitig wohl behütet. In einem bayrischen Wirtshaus neben dem Alpencampingplatz aufwachsen zu dürfen lehrte mich so unsagbar viel über die Menschen und das Leben an sich. Meine Eltern arbeiteten viel und ich lief irgendwie so nebenher. Doch in Wahrheit war genau das, das Allerbeste was mir passieren konnte! Meine Eltern waren ja immer da und ich wusste wenn etwas ist, kann ich jederzeit zu ihnen kommen. Der Alpencampingplatz und der Arzbacher Hof waren für mich wie eine Art Wandercircus, nur das wir an einem festen Platz blieben und die Gäste (meine Freunde) zu uns kamen.  Ich glaube so aufwachsen zu dürfen ist an sich schon ein ziemliches Privileg,  aber für ein Kind wie mich war es das Paradies. Ich fühlte mich unendlich frei und vertraute mir einfach selbst grenzenlos und das tue ich bis heute noch. Das unsere Kinder an dem gleichen Platz wie ich aufwachsen dürfen, macht mich einfach nur glücklich. Ein Grundrezept? Ich glaube das ist von Familie zu Familie verschieden, aber ich würde sagen, ein warmes Nest, Geborgenheit und Familie die zusammenhält, füreinander einsteht, Werte hat und die sie nicht aus den Augen verliert. Einen Platz wo man sich zugehörig und zu Hause fühlt und wohin man immer wieder zurück kehren kann. Vertrauen. Liebe. Und den Mut sein Leben zu leben. Mitfühlend, freundlich und offen zu sein. (Demnächst schreibe ich einen Beitrag dazu 😉 Alles andere kommt von ganz allein.

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Glaubst du an Gott und wieso?

Ja und es ist beinahe so, dass ich nicht sagen kann: ich glaube an Gott. Es ist mehr so eine Art Gewissheit.  Eine Vertrautheit zu dieser Kraft, der ich immer wieder einmal begegnen durfte, der wir alle von Zeit zu Zeit begegnen.  Das Leben ist ein Wunder. Wir verstehen so vieles nicht und oft hinter fragen wir es dann auch gar nicht mehr, wenn es sich nicht erklären lässt. Wir akzeptieren, dass das Weltall unendlich ist, können aber den Begriff nicht definieren. In unserem Denken muss alles immer einen Anfang und ein Ende haben und gleichzeitig muss es doch immer weiter gehen. Wir atmen Luft ein, die wir nicht sehen und wissen, dass wir so vieles nicht wissen. Warum fühle ich, was meine Kinder (und andere Menschen) denken, ohne dass sie es ausgesprochen haben? Warum sprechen wir nicht mehr über diese Themen z.B. über Telepathie und wie gut sie in Wahrheit wirklich funktioniert. Doch beinahe jeder hat sie im Alltag schon einmal erlebt. Man denkt an jemanden und trifft kurze Zeit später die Person oder sie ruft an. Die glücklichen Fügungen, die viele Zufälle.  Lässt sich das wirklich alles erklären? Liebe fühlt sich für mich leicht und ursprünglich an. Der Hass und alles Negative schwer. Deswegen glaube ich wir sind aus Liebe gemacht und wenn wir unser Leben in genau dieser Liebe leben, dann empfinden wir es als erfüllend. Immer wenn ich nicht wirklich weiter weiss folge ich meiner Intuition und die sagt mir, da ist so viel mehr in uns von dem wir nicht den blassesten Schimmer haben. Da ist jemand der uns führt und auf uns aufpasst, wir müssen nur vertrauen und unserem Gefühl folgen. Wir müssen nicht alles  verstehen. Es reicht, wenn wir lieben. Das dafür so intensiv, klar und so kraftvoll wie möglich.

Glaubst du an ein Leben nach dem Tod? Hast du Angst vor dem Tod?

Ja, ich glaube daran. Absolut. Als ich noch ein Kind war, hat mich diese Frage oft sehr beschäftigt. Ich habe mir vorgestellt, wie es ist, wenn man nie, nie mehr auf dieser Welt sein wird. Nie mehr!  Das fand ich ziemlich schade und irgendwie fühlte sich das auch ganz schrecklich an.  Wie es dann letztendlich aber sein wird, weiß ich selber nicht genau. Das weiß ja im Grunde auch niemand.  (Es sei denn man hatte ein Nahtoderlebnis)  Am stimmigsten von allen Berichten und Lehren hört sich für mich die Reinkarnation an. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir hier auf der Erde sind um bestimmte Lektionen zu lernen und das wir bereits mehrere Leben gelebt haben. Am stärksten hatte ich das tatsächlich einmal selber erlebt, als ich das erste Mal durch Arizona und Kalifornien gereist bin. Ohne je zu vor da gewesen zu sein, war es ein sehr intensives und starkes Gefühl des Nachhause Kommens. Ich wusste intuitiv wie die Landschaft hinter der nächsten Kurve aussah und konnte mir das manches Mal selber nicht richtig erklären. Es war einfach so. Aber solche Erlebnisse bestärken mich einfach, dass das alles tatsächlich wahr sein könnte.

Angst vor dem Tod habe ich nicht. Es gibt nur immer einen Gedanken den ich denke:  Ich bin einfach so, so gerne hier auf dieser Welt und das allerschönste ist die Zeit mit unserer Familie. Ich glaube, dass wir uns auch nach dem Tod wiedersehen werden, in einer anderen Form und an einem anderen Ort. Aber…es wird nie mehr genau so sein wie jetzt. Nie mehr werde ich die Mama dieser wunderbaren Kinder sein. Nie mehr die Frau von meinem Mann. Nie mehr werden wir dieses Leben das wir alle so sehr lieben noch einmal genau so erleben. Das macht mich unendlich dankbar und demütig.

Woher nimmst du die Kraft immer so in dir zu ruhen?

Ist das immer so? Tatsächlich ist das etwas das andere Menschen oft an mir wahrnehmen. Dabei kann ich auch mal richtig ausflippen, besonders wenn es mir um etwas geht, dass mir wichtig ist. Ungerechtigkeiten zum Beispiel. Aber es stimmt schon…im Grunde ist das eher selten und ich entscheide mich meistens für die Gelassenheit. Ich finde einfach, dass die wenigsten Dinge es wert sind sich darüber aufzuregen.  Woher das kommt, weiß ich selber nicht genau. Es passiert von ganz allein.

Welche „flüchtige“ Begegnung hat dich am allermeisten berührt? Ein Mensch, den du vielleicht nur einmal im Leben ganz kurz gesehen hast…

Es kommt sehr oft vor, dass mich jemand oder etwas total berührt. Mir fällt jetzt gar keine bestimme Situation oder Person ein. Das alte Ehepaar das Hand in Hand auf der Parkbank sitzt, der Papa der seine Tochter auf den Arm nimmt und sie tröstet oder der Jugendliche im Zug der seinen Sitzplatz der alten Dame anbietet. Immer da, wo jemand einfach „gut“ ist, ohne etwas dafür zu erwarten, sondern einfach weil er gar nicht anders kann, als so zu sein.

Du schreibst immer wieder darüber, dass du so gerne liest. Wer ist dein Lieblingsautor? Wer ist dein liebster Romanheld und welches Buch war das beste was du im letzen Jahr gelesen hast?

Oh, da gibt es viele. Schriftsteller wie Paulo Choelo. Ich habe alle seine Bücher gelesen, am meisten beeindruckt hat mich aber seine eigene Biografie und wie er zum Schreiben gekommen ist. Jojo Moyes natürlich.  Astrid Lindgren und Cornelia Funke, weil ihre Bücher voller Phantasie und Magie sind. Ich glaube das ist ein großer Schatz den wir da an unsere Kinder weiter geben können.  Am allermeisten Michael Ende, alleine schon weil er Momo geschrieben hat und weil seine Bücher nur zwischen den Zeilen verstanden werden können. Das liebe ich. 

Das beste Buch des letzten Jahres war für mich Wunder von Raquel J. Palacio. Es geht im wahrsten Sinne unter die Haut und zu sehr zu sentimentalisierend zu wirken. Eine wunderbare Geschichte!

Was ist dein Lieblingslied?

Da gibt es auch unzählbar viele. Das was mich am meisten bewegt hat ist nach wie vor Hotel California von den Eagels. Als Teenager war es Ausdruck meiner Sehnsucht nach Amerika und ich hatte keinen blassen Schimmer wieso, dieses Gefühl so stark in mir war, erst als ich das erste Mal dort gewesen bin. Es sind heute viele, viele neue Lieder dazu kommen, die ich alle liebe. Aber Hotel California erzählt von einer Geschichte, die irgendwo tief in mir drin in Resonanz geht.  Ich habe keine Ahnung was es ist, doch es scheint so, als ob sie mir jedes Mal wieder neu erzählt wird, wenn ich das Lied höre.

Dein Lieblingfilm?

Dances with Wolves – Der mit dem Wolf tanzt. Meine Indianerfamilie. So dargestellt wie ich es mir gerne wünsche. Das Buch dazu von Michal Blake ist übrigens unfassbar gut und enthält viele Stellen, die man im Film leicht übersieht. Pay it forward, Almost famous, Forrest Gump, Sweet November, Green Mile, Big Fish, Into the wild…würde ich jetzt auch mal knapp dahinter stellen. Mein liebster Kinderfilm im letzten Jahr war die Neuverfilmung von Heidi.  Wegen der vielen besonderen Augenblicke, die im ganzen Film großzügig verstreut sind.

Dein Lieblingstier?

Der Elefant. ( und Delfine natürlich, schon wegen unserer Tochter)

Als welches Tier möchtest du wieder geboren werden?

Wenn dann schon als Wolperdinger

Warum bloggst du denn überhaupt?

Das Schreiben hat mich irgendwie schon seit jeher begleitet und ich glaube an das Wort. Schreiben ist ja auch nichts anderes als eine Ausdrucksform und mich hat es schon immer fasziniert, die richtigen Worte zu finden, um zu beschreiben was man fühlt und was man denkt.  

Was ist deine Motivation regelmäßig zu schreiben, was treibt dich an?

Eben genau diese Liebe für das Schreiben und am allermeisten die zu den Menschen.  Mit dem Blog habe ich die Möglichkeit Menschen irgendwie sichtbar zu machen. Das was sie ausmacht, wer sie sind, wonach sie sich sehnen. Aber auch Orte und Erlebnisse zu teilen, die das Leben lebenswerter machen. Die größte Anerkennung ist, wenn jemand  meinen Blog liest und dadurch etwas für sein eigenes Leben mit nehmen kann. In welcher Form auch immer.

Hast du eine To-Liste für alles was du noch erleben möchtest?

Wenn mein Leben jetzt vorbei wäre, dann wäre es gut. Weil alles was mir so viel bedeutet schon bei mir ist. Meine Familie, meine Freunde, der Arzbacher Hof, aber auch das Schreiben. Es gibt ein paar Herzensangelegenheiten und Träume, die mir wirklich sehr viel bedeuten, die aber noch so zart und so am Anfang sind, dass ich jetzt noch gar nicht drüber schreiben kann, aus Angst sie können dadurch zerbrechen. Aber wenn ich Glück habe erfüllen sie sich noch.

Welcher Berg ist denn dein Lieblingsberg?

Oh, auch da gibt es viele. Die Benediktenwand bedeutet mir schon sehr viel. Auch wenn es mein Hausberg ist, war ich glaube ich schon um die 20 als ich das erste Mal da rauf bin. Dann dafür aber mehrmals jedes Jahr. Aber auch die Sundratn und da kann ich wirklich nicht mehr zählen wie oft ich dort oben war. Hundert Mal bestimmt. Aber es kommt meistens jedes Jahr ein neuer Berg dazu und in der Regel schreibe ich ja auch auf dem Blog darüber.

Was war dein emotionalstes Erlebnis auf dem Berg?

Für mich ist jedes Gipfeltreffen total emotional. Meine „Bergpartner“ erzählen mir dann ja aus ihrem Leben  und immer ist da irgendwann ein Augenblick in dem man den Menschen dahinter erkennt. Ich kann’s schwer beschreiben, aber das geht mir jedes Mal sehr nah und unter die Haut.  

Und ich erinnere mich…einmal bin ich nach dem Arbeiten an Heilig Abend bei anbrechender Dunkelheit noch einmal alleine auf die Sundraten rauf. Es war tiefster Winter und ich musste mich schon richtig anstrengen, überhaupt hoch zu kommen. Als ich oben war, ist bereits der Mond aufgegangen und die Sterne haben am Himmel geleuchtet. Die Vorstellung, dass jetzt viele Kinder da unten aufs Christkind warten und bald ihre Geschenke auspacken werden, berührte mich sehr. Ich fühlte mich so verbunden mit allem und jedem, dass mir Tränen übers Gesicht kullerten. Ich wünschte mir in diesem Augenblick nichts mehr als das alle Kinder dieser Welt diese Art von Frieden erleben dürfen. In dieser Nacht schien es mir möglich.

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Was war das Kurioseste, dass du dem Gipfel erlebt hast?

Da erlebe ich ständig Neues.  Da gibt’s so viele Geschichten, vielleicht sollte ich einmal etwas drüber schreiben.

Mir ist einmal eine Herde Kühe nach gelaufen und ich im Affenzahn voraus, weil sie dachten, ich habe Salz für sie. Oder als ich auf dem Waxenstein saß und Brotzeit machte, als sich plötzlich ein ausgewachsener Steinbock neben mich hinsetzte und mich anschaute. Er saß neben mir und schnaubte, ich hätte ihn streicheln können so nah war er. In Peru auf dem Chiccani würde ich auf 5300 Meter so schlimm höhenkrank, dass die Gruppe mich zurück lassen musste. Ich saß also mutterseelen allein irgendwie in Peru auf einem Vulkan.  Gott sei Dank konnte ich nicht wirklich drüber nachdenken, was passiert wäre, hätte mich die Gruppe nicht Stunden später genau am gleichen Fleck wieder aufgelesen, denn den Weg nach unten hätte ich sicher nicht gefunden. Doch auch das hatte seine magische Seite. Ich fühlte mich hundeelend, doch als die Sonne aufging und ich dort oben in den Wolken saß, fühlte ich mich auf seltsame Art und Weise sehr behütet und aufgehoben. Vielleicht lag es daran, dass ich dem Himmel so nah war.  

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Sehr witzig war auch, als einmal auf einem Gipfel (mir fällt einfach nicht mehr ein wo das war) jemand seinen kalten Big Mäc von McDonalds neben mir ausgepackt hatte und genüsslich reinbiss. Oh mei.

Wohin ging dein erster Urlaub ohne Eltern?

Mit ungefähr zehn dürfte ich nach und nach meine Freundinnen vom Alpencampingplatz besuchen. Das war meistens in München, einmal war ich auch am Bodensee. Das Landschulheim in der vierten Klasse in Schliersee zählt aber nicht dazu, oder?

Du bist nicht ganz Vegetarier, aber deine Essgwohnheiten sind zumindest vegetarisch angehaucht. Warum?

Ich esse gelegentlich ja Fleisch. (Besonders gerne Fisch) Im Arzbacher Hof haben wir oft Hirsch oder zum Beispiel Almochsen von hiesigen Jägern und Bauern. Wenn ich weiß wie das Tier gelebt hat und „friedlich“ gestorben ist, dann tue ich mir leichter. Für mich ist es eine moralische Frage, aber oft bin ich nicht konsequent genug. Was ja in einem bayerischen Wirtshaus grundsätzlich nicht leicht ist. Aber eins ist sicher, jedes Mal wenn ich Fleisch esse, dann „ehre“ ich das Tier das für mich gestorben ist. Mit dieser Haltung habe ich für mich einen Weg gefunden, dass es für mich in Ordnung ist Fleisch zu essen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich irgendwann ganz darauf verzichten kann.

Wie schaffst du das Wirtin und Mama gleichzeitig zu sein? Ich stelle mir das schwierig vor…

Im Grunde ist es das aber gar nicht. Es verträgt sich sogar sehr gut miteinander. Wir leben ja alle hier im Arzbacher Hof und somit bekommen die Kinder hautnah mit was wir da tun. Ich kann oft stundenweise einspringen, weil wir ja auch noch Oma und Opa im Haus haben und sagenhafte Schwiegereltern, Tanten, Onkel und Freunde, die hin und wieder einspringen und so eine riesengroße Hilfe für uns sind. Ich glaube jeder muss da seinen eigenen Weg finden. Für uns funktioniert dieser ganz gut, dass mein Mann sich voll und ganz dem Arzbacher Hof widmet und ich größenteils bei den Kinder bin. Das passiert rein aus der Intuiton heraus. Momentan ist es so, dass unsere Kinder uns noch sehr brauchen, auch wenn die älteren Zwei schon gut alleine klar kommen. Ich liebe die Arbeit im Arzbacher Hof aus ganzem Herzen, aber am meisten unsere Familie und ich spüre wie wichtig das ist gerade jetzt bei unseren Kindern zu sein. Genau diese Jahre sind jetzt so wertvoll und die Stunden im Arzbacher Hof werden sicher von alleine mehr.

Was ist dir wichtig im Arzbacher Hof und auf dem Alpencampingplatz? Was hast du für Werte als Chefin?

Also das sind ja immer WIR. Mein Mann und ich. Ganz ehrlich, den Begriff Chefin mag ich gar nicht so gerne. Sicher, wir haben unsere Vorstellungen und möchten, dass diese auch vertreten  und umgesetzt werden. In diese Rolle  als Chefin bin ich auch irgendwie rein gewachsen.  Ich habe einen starken Hang zur Harmoniesucht und möchte am liebsten immer, dass es allen gut geht. Dass das nicht immer geht, musste ich lernen. Aber gerade an dieser Aufgabe bin ich gewachsen. Man kann sich nämlich vorher nicht genau vorstellen, was es wirklich bedeutet selbstständig in der Gastronomie zu sein. Es sind die viele, vielen Dinge die von Außen keiner sehen kann, die aber ungehörlich aufwendig sind und viel Kraft kosten. Für uns ist es total wichtig,  dass sich unsere Mitarbeiter wohl fühlen bei uns. Das sie gerne zur Arbeit kommen, dass es ihnen auch was gibt bei uns zu sein. So eine Art Wertschätzung die zwischen uns, unseren Mitarbeitern und dem Gast hin und her fliesst. Weil es ist so:  jeder Gast, der zu uns kommt, bereichtert uns und dafür würde ich am allerliebsten jeden einzelnen von ihnen umarmen und sagen: ” So schön, dass du da bist. Wegen dir lebt der Arzbacher Hof und der Alpencampingplatz, danke, danke, danke!” Uns ist wichtig, dass diese Energie so stark ist, dass man sie spürt. Was wir an unseren Mitarbeitern haben, dass wissen wir und dafür sind wir unendlich dankbar. Es ist immer alles im Fluß, jeder bringt das ein was er kann und manches Mal bedeutet das eben auch, dass ein Weg jemanden in eine andere Richtung führt und das ist völlig in Ordnung so. Die Dankbarkeit bleibt.  Was uns noch am Herzen liegt ist, dass wir ehrlich miteinander sind, dass jeder die Verantwortung für sich selbst übernimmt und nicht abgibt. Es soll ja Raum für Wachstum und Weiterentwicklung sein. Darum fragen wir regelmässig, wo willst du hin, wo wollen wir hin?

Ich sitze immer noch regungslos und schweigend auf meinem Platz. Wenn ich so intensiv über mein Leben nachdenke, dann berührt mich das total. Weil ich einfach so gerne auf dieser Welt bin und dieses eine Leben so sehr liebe, dass ich es mit Worten unmöglich beschreiben kann. Ich empfinde grenzenlose Dankbarkeit und würde das Glück und meine Freude darüber am liebsten in den Wind schreien, damit es jeder hören kann. Genau wie Wind im Haar in der Schlussszene, als er sich zu Šuŋgmánitu Tȟaŋka Ob’wačhi  (der mit dem Wolf tanzt) und ihrer Freundschaft bekennt, möchte ich mit erhobenen Armen dem Leben meinen Dank aussprechen und so laut in den Himmel rufen wie ich kann:

“Ich kann lieben aus ganzem Herzen und danke dir, dass ich nie gelernt habe wie es sich anfühlt zu hassen. Meine Stärke ist das Gute zu sehen, zu verzeihen, sich selbst und anderen, um einfach weiter zu gehen. Ich kann glauben, dass es für mich real ist und ohne dass der Zweifel darin noch Platz findet. Ich vertraue dir bedingungslos. Du führst mich von anfang an und mit jedem Tag näher zu dir. Du hast mein Herz geöffnet und es weit und gerecht werden lassen. Das war nicht ich, dass warst du. Du bist mein Freund, mein liebes Leben, du bist mein Freund!” 

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