Auf Wiedersehen Mama

Auf Wiedersehen Mama

Liebe Mama,

du hast Blumen so geliebt und wie gerne hätte ich dir heute einen bunten Wiesenblumenstrauß an dein Fenster gestellt und dir zum Muttertag gratuliert. Wahrscheinlich hättest du dann gelächelt, wie immer und ich hätte dich anstelle großer Worte, die du längst nicht mehr verstehen konntest, in den Arm genommen. Doch wieder einmal kam es anders, als wir es alle erwartet haben.
So wie damals als es anfing, dass dein Gehirn plötzlich alles durcheinander brachte und dein Gedächtnis dich im Stich ließ. Du hast immer häufiger Tag und Nacht miteinander vertauscht oder Uhrzeiten und Geburtstage verwechselt. Wir haben die Anzeichen nicht gesehen, sondern mit dir gemeinsam darüber gelacht, so als wären es nur kleine Missgeschicke. Als wir im Herbst vor vier Jahren zusammen im Betriebsurlaub waren, hast du uns verloren. Eine unendlich lange Nacht haben wir dich in ganz Koblenz gesucht. Du bist über 12 Stunden und bis zum frühen Morgengrauen, die viele Kilometer den Rhein entlang gelaufen und nur zufällig an einer kleiner Polizeidienststelle vorbeigekommen, an der man dich erkannt hat. Als wir dich besorgt und doch überglücklich von dort abholten, erzähltest du uns von deiner schönen Wanderung an der Isar. Du warst nass und so durchgefroren und von dem Augenblick an war mir sonnenklar, dass irgendwas gravierend nicht stimmte. Dann ging alles ganz schnell. Krankhausaufenthalt. Diagnose Alzheimer Grad mittelschwer. Wir konnten es kaum glauben. Warum nur hatten wir das nicht gesehen? Wir holten dich so schnell wie möglich nach Hause und in der gewohnten Umgebung, ging es tatsächlich wieder schnell aufwärts. Beinahe so, als wäre nichts gewesen. Doch in Wahrheit schlich sich die Krankheit mit jedem Tag mehr in dein Leben. Doch die Nacht in Koblenz ließ mich einen wichtigen Entschluss fassen. Ich wollte unbedingt den ganzen langen Weg mit dir zusammen gehen, wie auch immer er aussehen mag. Ich hatte eine riesengroße Angst davor, aber keine Zweifel, dass es möglich wäre. Meine Liebe für dich und Papa war einfach viel zu tief, als dass es eine andere Option gab.
Dann sind wir einfach losgegangen. Jeden Tag einen kleinen Schritt, der uns näher zusammen, aber dich immer weiter weg von uns brachte. Das große Ziel immer vor Augen, dein Leben bis zum Schluss so lebenswert wie möglich zu gestalten.
Heute vor einer Woche bist du ganz plötzlich gegangen. An einem strahlenden Sonntag im Mai, kein halbes Jahr nach Papa und ich habe dir leise zugeflüstert: “Wir haben es geschafft.” Denn unser großer Wunsch wurde erfüllt, dein Leben war bis zum Ende wunderschön. Ich hätte dich so gerne noch bei uns behalten. Du warst ein Geschenk und ich/wir werden dich sehr vermissen! Wir haben so viel voneinander gelernt und der Demenz ihren Schrecken genommen, bis wir keine Angst mehr vor ihr hatten. Sie hat sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um uns heraus zu fordern, doch nicht mit unserer Liebe zueinander gerechnet. Ein Herz wird nicht dement, wie sehr das stimmt.
Ich bin unendlich dankbar für die Zeit mit dir. Dafür dass ich bis zum aller letzten Augenblick bei dir sein durfte. Für die vielen kleinen, liebevollen Rituale, die so bedeutsam für uns wurden. Für den engen Kreis an Familie und den treuen und liebenswerten Menschen, die uns durch die ganze Zeit trugen. Ich habe jede noch so kleine Erinnerung an dich, wer du warst und bist sorgfältig und behutsam in mir gespeichert. Dort sind sie gut aufgehoben, bis wir uns irgendwann wiedersehen. Davon bin ich überzeugt. Das weißt du ja.
Es war klar, ich muss schreiben. Vielleicht auch deswegen, weil ich möchte, dass du nicht vergessen wirst. Oder weil ich es wichtig finde, dass man darüber redet. Denn wenn es einen einzigen Mensch da draußen gibt, dem es ein Stück von der Angst nimmt, dann ist es das wert. Es ist nicht so schlimm den Verstand zu verlieren, wie wir denken, solange die Liebe bei uns bleibt. Und ich schreibe auch, weil ich finde, das mit uns war wirklich bedeutsam. Du warst von Liebe umgeben, als du gehen durftest und bist es umso mehr, dort wo du jetzt sein darfst.
Richte Papa einen schönen Gruß von mir aus und sei dir sicher, ich hätte mir keine besseren Eltern wünschen können. Der Gedanke, dass ihr beide jetzt im Himmel zusammen seid, tröstet uns alle ungemein.
Alles Gute zum Muttertag liebe Mama, danke aus ganzem Herzen für alles. ❤ Hast du die vielen schönen Blumen gesehen? Sie sind wirklich alle für dich.
In unendlicher Liebe und tiefer Dankbarkeit,
deine Michi❤❤❤
P.S. Hat das mit dem Motorradfahren und Papa geklappt? Ich hoffe doch sehr…

Aus ganzem Herzen im d’Isarwinkler

Aus ganzem Herzen im d’Isarwinkler

Seit der 2. Ausgabe und somit seit über fünf Jahren, schreibe ich für “d’Isarwinkler”. Am meisten beeindruckt haben mich die Menschen, denen ich dort begegnet bin und ihre Geschichten, über die ich dann erzählen durfte. Die Verbindung zum “d’ Isarwinkler” war immer leicht & beschwingt und es freut mich so sehr zu sehen, wie dieses Magazin die letzten Jahren gewachsen ist. In der aktuellen Ausgabe hat meine Kollegin Martina Geisberger so herzerfrischend über meinen Blog berichtet. Das war tatsächlich auch für mich eine äußerst ungewöhnliche Situation auf der “anderen Seite” zu stehen. Doch dadurch ist mir auch einiges klar geworden. Wie sehr ich das Schreiben wirklich liebe und wie (über)glücklich ich bin, dass ich überhaupt schreiben darf und dadurch die Möglichkeit habe, auszudrücken was mir am Herzen liegt. Genau das zu tun, was die Freude zu einem bringt, ist ein riesengroßes Geschenk! Ich bin so froh, unterwegs zu sein… #disarwinkler #ausganzemherzen

http://www.disarwinkler.de

Ein Nachruf für dich – Dr. Ralph Bethke

Ein Nachruf für dich – Dr. Ralph Bethke

Ich habe einen wahren Freund verloren. Von einem Tag auf den anderen, völlig unerwartet und es bricht mir das Herz. Dass es ausgerechnet Covid gewesen ist, kann ich fast nicht glauben. Doch jetzt, wo du nicht mehr hier bist, weiß ich, dass es im Grunde gar keine Rolle spielt. Genauso wenig, ob du nun geimpft, ungeimpft, geboostert oder irgendeine unentdeckte Vorerkrankung hattest. Ich will keine Zeit damit verschwenden, darüber nachzudenken. Was zählt ist dein Leben und deine unermüdliche Energie “gut zu sein.” Zwischen uns ist alles geklärt. Ich habe dir und deiner wunderbaren Frau, bei jeder passenden Gelegenheit gesagt, wie unendlich wertvoll und kostbar eure Freundschaft für mich ist. Du auch. An meinem Geburtstag, vor ein paar Wochen hattest du gemeint, sie ist einer der buntesten Steine in deinem Mosaik des Lebens. Ich hätte es nicht treffender formulieren können. Ich habe die Verbindung zu dir und Angelika sofort gespürt & bin aus ganzem Herzen dankbar für die wunderbare Zeit mit euch und dafür, dass wir uns vor über 15 Jahren über den Weg gelaufen sind. Unsere Gespräche waren immer tief, im besonderen Maß bereichernd und gleichzeitig leicht. Es gibt nicht viele Menschen, mit denen ich so offen reden konnte, wie mit euch. So sehr wir auch ähnlich gefühlt und gedacht hatten, hattest du mich auch immer wieder mit deinen Weisheiten und Erkenntnissen überrascht. Ich konnte so viel von dir (euch) lernen. Wir haben uns manches Mal Monate nicht gesehen, mindestens aber einmal im Jahr. An unserem Karfreitag, der wegen uns, einer meiner absoluten Lieblingstage wurde. Wir hatten uns jedes Mal soviel zu erzählen und deine (eure) Energie blieb noch Tage bei mir. Da war da noch dein Humor. Wir haben oft aus tiefsten Herzen gelacht, bis uns der Bauch weh tat. Du warst einer der spirituellsten Menschen, die ich kenne. Nie hast du vorgegeben, allwissend zu sein. Im Gegenteil, da war diese riesengroße Demut und dieses empathische Verständnis allen Menschen gegenüber, denen du begegnet bist. Manches Mal hatte ich sogar den Eindruck, du bist nicht von dieser Welt…Wir haben oft über das Leben, aber auch über das Danach gesprochen. Unsere Ansicht darüber war immer klar. Deswegen danke ich dir, für all die vielen Zeichen, die du mir seit gestern (und den Tagen zuvor, als ich noch keine Ahnung hatte) unmissverständlich geschickt hast, damit ich weiß, du bist noch hier. Ich werde alles versuchen, um weiterhin achtsam weiterzugehen, um jedes weitere Zeichen von dir zu erkennen. Trotzdem wirst du mir fehlen und ich bin ich unendlich traurig. Mein lieber, guter Freund, ich sage nicht ruhe in Frieden, weil du nicht ruhen wirst. Das steht dir nicht. 😉 Aber geh dorthin wo du zu Hause bist…wir bleiben noch ein bisschen hier und holen dich irgendwann ein. Danke lieber Ralph, danke für alles. ♥

Aus ganzem Herzen und in tiefer Verbindung zu euch, Michaela

Nur in meinem Kopf

Nur in meinem Kopf

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich darüber berichtet, wie glücklich ich über meinen neues Notebook bin. Ich dachte mir, endlich kann ich abends wieder schreiben. Unser süßes, kleines Baby ist mittlerweile fast 17 Monate alt und schläft nachts immer noch am besten, wenn jemand direkt neben ihm liegt. Doch statt Blogbeiträge zu verfassen, habe ich jede Nacht E-Mails beantwortet, Buchungen geändert und eingetragen oder einfach nur versucht auf alles zu antworten, was sonst halt noch so in unserem Posteingang landet. Das mache ich wirklich gerne, doch es blieb einfach überhaupt keine Zeit mehr für’s Schreiben. (so sehr ich es mir auch gewünscht habe) Doch mit dem Herbst werden nicht nur die Tage kürzer, sondern auch unser Posteingang langsam wieder übersichtlicher. Aber auch wenn ich diesen Sommer so wenig geschrieben habe, wie noch nie auf diesem Blog, sind dennoch viele Ideen für neue Beiträge in meinem Kopf entstanden. Nein eigentlich muss ich sagen im Herz. Dort fängts immer an. Mit einem zartem Gefühl, das langsam wächst und stärker wird, bis ich dann nicht mehr anders kann, als darüber zu schreiben.

Ich werde die ein oder anderen Geschichten bald für euch aufschreiben. Aber derzeit beschäftigt mich ein Projekt, dass ich jetzt erst einmal noch nicht verraten werde. Dafür werde ich schreiben, viel, viel schreiben und deswegen brauche ich jetzt noch ein bisschen Zeit dafür. Genau genommen bis zum 1.November 2021. Das Projekt ist ein Geschenk an euch und bedeutet mir viel. Aber ihr werdet schon sehen.

Bis dahin bleib ich mit euch verbunden,

aus ganzem Herzen,

Michaela

Aus aktuellen Anlass

Aus aktuellen Anlass
Ich glaube mir geht’s es ähnlich wie vielen unter euch. Hätte mir vor zwei Wochen jemand gesagt, dass bundesweit alle Schulen und Kitas schließen werden, ich hätte es wahrscheinlich nicht für möglich gehalten. Gestern war es dann auch für uns klar, dass auch wir den Arzbacher Hof für erstmal die nächsten beiden Wochen schließen werden. Trotz der ganzen Krise, die irgendwie jeden in irgendeiner Art und Weise betrifft, haben wir auf einmal ein bisserl extra Zeit für uns. Das Wetter ist traumhaft, wir halten uns so gut es geht den ganzen Tag draußen auf. Kurz: wir machen das Beste aus der ganzen Situation.
Dann etwas was mich nachdenklich stimmt. Als am Freitag feststand, dass jetzt alle Schule etc…schließen und auch sonst sämtliche Veranstaltungen abgesagt wurden, bestand kein Zweifel mehr, dass wir uns jetzt ernsthaft Gedanken machen müssen, wie es im Arzbacher Hof weitergeht. Am Nachmittag erhielten wir dann ein paar Anrufe hintereinander, die ich bis heute schwer verstehen kann. Der erste Anrufer, natürlich anonym, beschimpfte uns als verantwortungslos, weil wir angesichts der Situation immer noch geöffnet haben. Ich konnte ihm fast nicht antworten, so aufgebracht war er. Kurz später der nächste Anruf einer Frau, der ebenso in die Richtung ging und die sich erkundigte, ob wir dann wenigstens sichergestellt haben, dass wir genügend Desinfektionsmittel in allen Räumlichkeiten bereit stellen könnten. Dann höre ich die unterschiedlichsten Geschichten, z.B. von Menschen die in Supermärkten zum Streiten anfangen, weil das Mehl aus ist. Oder die vielen respektlosen Kommentare, die unter die geposteten Bilder geschrieben werden, die irgendwelche Menschen in vollen Cafes vom letzten Wochenende zeigen.
Ich glaube, diese Situation ist für uns alle neu und einfach so ganz plötzlich über uns hereingebrochen. Es hat jetzt einfach ein paar Tage gedauert, bis die Botschaft ankommen konnte. Und ich glaube diese Zeit musste man sich jetzt auch einfach nehmen, damit jeder, für sich in Ruhe eine wirklich fundierte Entscheidung fällen konnte, wie er in Zukunft damit umgeht und handelt. Auf alle Fälle bringt es uns jetzt überhaupt nichts, wenn wir irgendjemand die Schuld zu schieben. Sei es der Politk oder irgendjemand anderen. Ich finde es wirklich erstaunlich, wie schnell das geht.
Bitte handelt weiterhin mit einem wachen Verstand und einem offenen Herzen. Urteilt nicht so schnell über das Verhalten anderer, sondern schaut viel mehr darauf, wie ihr euch selbst bestmöglich verhalten könnt und wie es der Gemeinschaft am besten dient. Und gerade weil es körperlich nicht möglich ist, sollten wir uns jetzt alle erst recht die Hand reichen und zusammen stehen. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sollte doch viel mehr bei denen sein, die es am härtesten traf und immer noch trifft. Da ist überhaupt kein Platz und keine Zeit um anzuklagen. Die wichtigste Botschaft ist, dass wir doch alle Menschen sind und es jetzt an uns liegt, wie wir die Welt sehen.
Fühlt füreinander. Denkt aneinander. Handelt umsichtig.
Vor allem aber, haltet an der Liebe fest.

Happy New Year 2019

Happy New Year 2019

Vor ein paar Tagen feierte unsere älteste Tochter zusammen mit ihren Freunden ihren 10. Geburtstag. Eines der wichtigsten „Programmpunkte“ war für sie der Schokobrunnen, den sie sich so sehr gewünscht hatte. Ganz wichtig dafür waren natürlich auch die Früchte. Ananas und Erdbeeren mussten unbedingt sein. Genau die hatte ich aber vergessen bei unserem Obst- und Gemüselieferanten zu bestellen und bin deswegen kurz vorher nochmal los um welche zu kaufen. Dezember ist ja bekanntlich keine Erdbeersaison und erst im dritten Supermarkt wurde ich endlich fündig. Die Erdbeeren war zweifach in der Plastikschale verpackt und die Ananas auch nicht wie gewohnt im Stück erhältlich. Dafür aufgeschnitten in Scheiben, ebenfalls und mehrfach in Plastik gehüllt. Ich ignorierte das in mir aufsteigende ungute Gefühl, welches mir unmissverständlich zuflüsterte, dass man im Winter eben keine Erdbeeren aus Marokko kauft. Grundsätzlich. Ananas aufgeschnitten und nochmal extra in Plastik verpackt noch viel weniger und doch saß ich zwei Minuten später im Auto. Mit den Erdbeeren. Mit der Ananas. Als ich nach Hause kam, wunderte sich mein Mann über mich. Und er hatte Recht. Einen Tag vorher haben wir erst darüber diskutiert und ich war der Meinung, dass jeder Einzelnen sehr wohl einen Unterschied machen kann. Auch wenn ich noch mehr denke, dass z.B. Umweltschutz ein Thema ist, das im Großen geregelt werden muss. Das ewige Thema mit den Konzernen dahinter und von Klimapolitik. Unserer Tochter hätte ich das schon erklären können. Mit den Erdbeeren und der Ananas und warum es die halt heute jetzt nicht gibt. Aber stattdessen wurde mir eine Lektion erteilt und weil ich das jetzt wirklich, wirklich wichtig finde, will ich sie mit euch teilen.

Wir alle haben Werte. Diese Werte sind das was uns in gewisser Weise ausmacht und unter keinen Umständen dürfen wir diese Werte missachten. Umso höher wir die eigene Messlatte legen, umso schwieriger wird es manches Mal danach zu leben. Wenn einer dieser Werte ist, die Wahrheit zu sagen, dann muss ich das auch immer leben. Keine kleinen Notlügen. Erst dann macht es auch wirklich einen Unterschied. Was unsere Kinder betrifft, liegt mir das mit am meisten am Herzen. Dass sie ehrlich sind. Zu anderen und auch zu sich selber. Ich bin überzeugt, dass in seiner ganzen Wahrheit zu leben in Wahrheit eine riesengroße Kraft ist. Es bedeutet ja, so nah wie möglich bei sich selbst zu sein. Und ich wünsche mir, dass sie mitfühlend sind, dankbar und großzügig. Wie das aber so ist mit den großen Werten, sie werden dich immer wieder auf die Probe stellen. Damit du für sie einstehen kannst und dich für sie stark machst. Besonders, wenn du Kinder hast, werden sie dir ganz genau auf die Finger schauen. Es sind oft die kleinen Dinge, die wir gar nicht richtig bemerken. Wenn sie dich fragen, ob noch Gummibären im Haus sind und du mit Nein antwortest, obwohl du genau weißt, dass es nicht stimmt. Weil es leichter ist, als zu sagen heute essen wir einfach keine Gummibären mehr. Aber wenn wir es ganz ehrlich sagen, was soll schon passieren? Außer genau das, dass aus deiner Ehrlichkeit Vertrauen entsteht, weil man nämlich weiß und spürt, dass dein Wort von Bedeutung ist. Versprich nichts, nur wenn du dir ganz, ganz sicher bist und wenn, dann sei dir im Klaren, dass du es unbedingt einhalten musst.

Darum werde ich mir auch dieses Jahr wieder vornehmen, bestmöglich ich selbst zu sein. Meine Werte unbedingt einzuhalten. Es wird immer wieder einmal Situationen geben, wie die im Supermarkt, (Erdbeeren und Ananas) aber dann möchte ich unbedingt meine Wahrheit sagen und laut aussprechen. Auch dann, wenn mein Gegenüber ganz anderer Meinung ist. Ich werde Fehler machen, sicher, aber bestehe darauf aus jedem Fehler zu lernen. Es geht nämlich gar nicht darum perfekt zu sein. Wir sind alle Menschen und Leben soll ja leicht sein. Aber unsere Werte sollten uns jederzeit heilig sein.
Wie Mel Gibson als William Wallace in der Schlussszene von Braveheart. Als er kurz vor seiner Hinrichtung das Angebot des Scharfrichters die Bitte um Gnade verweigert und stattdessen aus voller Kehle „Freiheit“ in die Menge schreit und somit seiner Überzeugung bis in den Tod folgt. Hollywood sicher. Doch im Grunde ist es genauso. Menschen die im Holocaust ihr eigenes Leben riskierten, nur um anderen zu helfen. Ihre Antwort warum sie das getan haben, fällt oft so simpel aus, obgleich ihr Handeln heute so groß erscheint: „Ich konnte einfach nicht anders!“ Die gute Nachricht ist, es gibt sie immer noch. Die Menschen die anderen bedingungslos helfen und ihre Stimme für jemanden erheben. Einfach weil sie nicht anders können.

Ich glaube so sehr müssen wir unsere Werte verinnerlichen. Immer und immer wieder. Bis sie uns in Fleisch und Blut übergegangen sind und wir gar nicht anders können als nach ihnen zu handeln. Darum frage ich dich heute, wenn du dir drei Werte aussuchen könntest, die für dich von Bedeutung wären, welche wären es und warum?
Ich würde sagen, die Liebe, die Wahrheit (und Gerechtigkeit!) und die Freiheit.

In diesem Sinne, wünsche ich euch allen ein wundervolles, lustiges und glückliches Neues Jahr 2019,
aus ganzem Herzen
Michaela

Über unser Dorf Arzbach – ein Interview mit meinem Papa

Über unser Dorf Arzbach – ein Interview mit meinem Papa

Das ursprüngliche Haus in den 50ger Jarhen wurde aus “Bachkugel” gebaucht

 Für das Magazin “d’Isarwinkler” durfte ich über mein heißgeliebtes Dorf Arzbach-Wackersberg schreiben. Mein Papa lebt seit 76 Jahren in Arzbach und wer wäre da ein besserer Interview-Partner für mich als er. Ich war so überrascht, weil es da so viele Dinge von früher gibt, von denen ich tatsächlich überhaupt keine Ahnung hatte. Deswegen wollte ich euch das Interview auf dem Blog nicht vorenthalten. Während des Schreiben’s durfte ich so viel lernen und ich habe mein Dorf (und meinen Papa) wirklich von einer ganz anderen Seite sehen dürfen und alleine dafür bin ich schon total dankbar. Vielen Dank für die interessanten Einblick Papa und am allermeisten dafür, dass ich auch hier leben darf.  Aus ganzem Herzen, deine Michi

 

Aus der Sicht von anno dazu mal und heute

Es ist über 36 Jahre her, seit ich meine ersten Schritte im Arzbach gemacht habe.  Ein paar Jahre später dann die ersten mutigen Schwimmzüge im Alpenbad. Ich sammelte stundenlang die Bälle der Tennisspieler zusammen und konnte mich herzlich über das anschließend spendierte Eis freuen. Ich verbrachte meine Kindheit im Arzbacher Hof und auf dem Alpencampingplatz und besonders darüber hätte ich nicht glücklicher sein können.  Heute darf ich für euch im „d’Isarwinkler“ ein kleines bisserl aus dem Arzbacher Nähkästchen plaudern. Die Menschen, seine Geschichten und die tausend Winkel, die es so unverkennbar und einzigartig werden lassen und der Grund, warum mein Dorf für mich nach all den Jahren immer noch der Ort geblieben ist, an dem ich mich am allermeisten zu Hause fühle. Wer könnte mir da besser von meinem Heimatdorf erzählen als mein Papa Gottfried Willibald. Schließlich lebt er schon über 76 Jahre in Arzbach. Er ist der Senior-Wirt vom Arzbacher Hof und besser bekannt als der „Gottä.“

Der Arzbacher Hof und der Alpencampingplatz von oben

Ich habe letztes Mal gelesen, dass es das Alpenbad bereits seit 1934 gibt. Du bist 1942 geboren, was hat sich denn alles verändert seit damals?

Das Alpenbad gibt es tatsächlich schon so lange. Dein Opa (Michl Willibald) erzählte mir immer von der legendären Eröffnung. Das ganze Dorf war auf den Beinen, um dabei zu sein. Ein Schwimmbad war damals eine echte Sensation. Beim Eröffnungswettschwimmen wären „beinahe“ Schwimmer ertrunken, weil man aus der Gaudi heraus ein paar ihrer Rucksäcke, die sie währende des Wettbewerbs tragen sollten, mit Steinen befüllt hatte. Zum Glück ist das noch einmal gut ausgegangen.

Schwimmbaderöffnung in Arzbach

Die Dorfgrenze war früher die heutige „Kirchengrenze“. So gehörte ein Teil von Schlegldorf noch zu Arzbach und somit zur Gemeinde Wackersberg. Heute gilt das eben nur noch für die Kirche. Jemand der auf der anderen Seite vom Arzbach wohnt, gehört offiziell zu Lenggries, bei den kirchlichen Festen aber zu Arzbach-Wackersberg. Ja und im Grunde, wird er dann ja auch hier beerdigt. Also gehört er letztendlich dann doch zu uns.

Aus der Chronik der Gemeinde Wackersberg geht hervor, dass die Fialkirche Arzbach zu den jüngsten Gotteshäusern des Isarwinkels zählt. Sie wurde im September 1950 dem Unbeflecktem Herzen Marä geweiht. Der Bau der Kirche, geht auf ein Gelöbnis zurück, dass der damalige Wackersberger Pfarrer Johannes Schwertfirm und einige Arzbacher Bauern in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges abgelegt haben sollen. Der Wunsch nach einer eigenen Kirch allerdings bestand schon lange. Zu einen, weil die Maria-Hilf-Kapelle längst zu klein war. Auch der Wackersberger Friedhof der Pfarrgemeinde reichte bei weitem nicht mehr. Eine Grundstücksstiftung der Moarbäuerin Anna Bauer schuf die Voraussetzung für die von Pfarrer Schwertfirm vorangetriebenen Neubau-Pläne. Der gestiftete Grund wurden gegen eine Fläche oberhalb der Kapelle getauscht, wo dann die Fialkirche errichtet wurde. Schon 1948 war mit dem Bau des Friedhofes begonnen worden. Insbesondere dem Einsatz des damaligen Kirchenpflegers Balthasar Kohlauf (Wenibauer) war es zu verdanken, dass am Kirchweihmontag 1949 die Grundsteinlegung für die neue Kirche erfolgen konnte. Nach nur einjähriger Bauzeit nach den Plänen des Architekten Oskar Haßlauer konnte mit viel Eigenleistung und großzügigen Holzspenden die neue Kirche in einem feierlichen Festakt durch Bischof Anton Scharnagel eröffnet werden. Die Innenausstattung war in den kargen Nachkriegszeiten noch sehr bescheiden. Die Bestuhlung fehlte gänzlich. Erst nach und nach wurden die von den Gläubigen selbst bezahlten Kirchenbänke eingebaut. Die mächtig, geschnitzte Kreuzigungsgruppe über dem Hauptaltar entstand erst in den 1950er Jahren. Das markante Ensemble mit dem gekreuzigten Christus, sowie Maria Magdalena und Johannes stammt aus der Werkstatt des Wegscheider Holzschnitzers Kasper Gerg (Draxl) und wurde nachträglich anstelle eines Notaltars aufgestellt. Bemerkenswert ist ein über dem linken Seitenaltar angebrachtes Gemälde der Heiligen Familie aus der Maria-Hilf-Kapelle.  An beiden Kirchenwänden hängt ein Kreuzweg aus der Zeit um 1730, der das Leiden uns Sterben Jesus in nur vier Gemälden zusammenfasst. Seit Pfingsten 1991 hat Arzbach auch eine Orgel. Das einmanualige Instrument mit sieben Registern löste ein altersschwaches Harmonium ab, dass über 40 Jahre lange gute Dienste geleistet hat. Die Arzbacher Kirche wurde vor zwei Jahren renoviert und erhielt einen neuen Altar. Im Januar 2017 wurde dieser in einer feierlichen Altarweihe durch Kardinal Marx und von Pfarrer Leo Sobik gesegnet.

Wie es oft in oberbayerischen Gemeinden der Fall ist, war der Platz an dem die Kirche steht, auch früher schon der Dorfplatz. Neben der Kapelle befand sich einst die Gastwirtschaft „beim Auer“ und in unmittelbarer Nachbarschaft der kleine Kramerladen „zum Koia“. Dort gab es im Grunde alles was man brauchte. Ich erinnere mich noch sehr gut an den kleinen Laden und an die Zeit als ich als Kind dort ziemlich oft meine Butterbrezen und das obligatorische Sunkis für die Pause gekauft habe. Aber hast du mir nicht immer erzählt es hätte noch mehr Läden in Arzbach gegeben?

In Arzbach bekam man wirklich alles was man brauchte. Beim Auer gab es nicht nur eine Gaststätte, sondern auch einen Lebensmittelladen. Den Kramerladen „zum Koia“ gaben es ja damals auch schon. Dann gab es noch „den Bäck“, am Ortsausgang. Dort gab es neben frischen Backwaren, ebenfalls Lebensmittel. In Wackerberg gab es ebenfalls einen Lebensmittelladen, den der damalige Bürgermeister Kellner betrieb. Wie du siehst, hat es uns an nichts gefehlt.

Ich bemerke, dass es heute gar keinen Kramerladen mehr gibt, weder in Arzbach noch in Wackersberg.

Wir hatten früher sogar noch eine Metzgerei, die sich im heutigen Kramerwirt befand, der zu dieser Zeit auch schon eine Gastwirtschaft war. Sogar eine Tankstelle hatten wir.

Sagenhaft. Das habe ich alles gar nicht gewusst. Deine ersten Lehre hast du ja als Hufschmied beim Schaflitzl in Arzbach absolviert. Ich kann mir vorstellen, dass auch da vieles anders war, als wir es heute kennen.

Mit Sicherheit. Du musst dir vorstellen es gab in dieser Zeit allein in Arzbach schon über 100 Pferde, die alle bei uns beschlagen wurden. Oft hatten wir 6-8 Pferde pro Tag. In Wackersberg gab es noch einmal einen eigenen Hufschmied. Jeder Bauer war im Besitz von mehren Pferden, die in der täglichen Arbeit im Hof und besonders auf dem Berg nicht weg zu denken waren. Die Pferdekraft wurde später von PS in Form von Traktoren ersetzt. Ich erinnere mich daran, dass in den Jahren 1963-1965 die meisten Pferde in der Gemeinde aus diesem Grund verkauft wurden. Der Betrieb der die offizielle Bezeichnung „Huf- und Wagenschmiederei“ trug, musste sich nun auf die Mechanik von Landmaschinen spezialisieren.

Das finde ich wirklich sehr interessant. Was habt ihr denn damals zum Bespiel gemacht, wenn ihr einen Doktor gebraucht hattet?

Das war wirklich nicht sehr oft. Meistens hat man alten Hausmittel vertraut oder ist irgendwie von alleine wieder gesund geworden. Wenn es aber wirklich mal was Ernstes war, dann hat man uns Buben zum Dr. Scholz in Steinbach geschickt. Das nächste Krankenhaus war dann in Lenggries oder das Versorgungskrankenhaus in Bad Tölz.

Heute wurden ja die letzten Jahre immer wieder Geburtsstationen geschlossen. Ich frage mich gerade wo die Frauen früher ihre Kinder zur Welt gebracht haben?

Zu meiner Zeit war das Lenggries. Aber viele Kinder sind auch einfach zu Hause geboren worden. So genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich kann mich nur sehr gut an eine Geschichte erinnern, als unser Bruder Lois geboren wurde. „D’Mam“( Kathi Willibald) hat mich um Mitternacht aufgeweckt und zum „Bab“ (Michl Willibald) geschickt, der damals am Stammtisch beim Schweizer Wirt gesessen ist. Sie meinte, ich sollte ihm mitteilen, dass sie wegen ihres Blinddarms ganz dringend ins Krankenhaus musste. Man hatte noch schnell ein Auto organisiert (die meisten hatten ja gar keins) oder ist sogar noch mit dem Radl losgefahren. Das war damals halt so.

Meine Oma Kathi Willibald

Woher habt ihr denn eigentlich eure Kleidung bekommen? Früher ging man ja nicht einfach zum Shoppen?

Na, ganz gewiss nicht. (lacht) Wir haben unsere Sachen einfach aufgetragen und sie wurden solange geflickt, bis man sie wirklich gar nicht mehr anziehen konnte. Wir hatten aber auch Schneidereien im Dorf. (Bsp. beim Dosch) Weil man nicht viel hatte, war es einfach wichtig, alles zu verwerten und nichts wegzuschmeißen. Das war bei Lebensmitteln so wie beim Essen. Zu den Bauernhöfen kamen regelmäßig Schneider/innen, die oft nur für Kost und Logis im Haus blieben und die Kleidung nähten und flickten. Im Dorf gab es noch einen Schuster, der heutige Schusterpeter. Daran erinnere ich mich noch so gut und an seinen Ausstellungskasten aus Glas, den er vor seiner Werkstatt aufgestellt hatte.

von rechts Oma Kathi, Rudi, Lois, meine Opa Michl, mein Papa, oben links Michä und oben rechts Sepp

Das heutige Arzbach ist aus zwei Siedlungen zusammengewachsen, einer älteren bäuerlichen Siedlung auf der Hochterasse und einer am Isargies gelegenen Flößersiedlung. Die Flößerei war in Arzbach wie in vielen Isarwinkler Nachbargemeinde, seit jeher eine wichtige Einnahme-Quelle. Die Arzbacher Flößer sollen sogar dafür verantwortlich sein, dass es früher schon Kaffee im Isarwinkel gab. Aus Passau wurden die ersten Kaffeebohnen mitgebracht und damit die Bauern nicht merkten, dass ihnen die Flößer einen Genuss voraushatten, legten sie beim Kaffeekochen Weideruten auf den Herd, damit der Gestank den Kaffeeduft nicht überdeckte. Die Flöße dienten zum Transport von Waren aus dem Isarwinkel bis weit die Donau hinab. Schließlich waren die Flöße selbst Holzlieferanten. Das Floß wurde dann z.B. in München komplett auseinander gebaut und verwertet. Überhaupt war die Lieferung von Bau- und Brennholz, wie auch von Kalk, insgesamt gesehen der bedeutendste Gewerbezweig innerhalb der Flößerei. In Arzbach gab es im gleichnamigen Kalkofenweg auch einen Kalkofen. An der Ganterstatt brannte der „Kager“ bis 1946 in seinem Kalkofen Kalk. Mein Papa weiß noch wie voll der Platz im Frühjahr mit Holzstämmen und Scheitholz war, das er zum Anschüren benötigte. Es war im Winter mit Gespannen aus den Bergen gefahren worden. Nebenan brannte der „Kohler“ Burchholz und Meilern zur Kohle.

Der Opa Michl Willibald war ja auch ein Flößer, wie war, dass denn mit der Flößerei zu dieser Zeit?

Die Flößer haben hauptsächlich Holz nach München transportiert. Das Floß wurde dann komplett abgebaut, verwertet und die Flößer sind dann wieder heimgefahren. (Kutsche, Zug) Ich weiß sogar noch, dass die Riß vom Abholzen, weil die Nachfrage nach Holz so groß war, ganz kahl war. Es wurden dann eine „Abholz-Verbot“ ausgesprochen und die Stellen wurden neu angepflanzt. In der Flösserhochzeit (um 1950) fuhren rund 11 000 Flosse aus dem Isarwinkel nach München. Sechs Stunden dauerte die Fahrt in der Regel. In drei Tagen war man beispielsweise in Wien. Der Dachstuhl des Stephansdoms bestehe zum Teil aus Isarwinkler Holz. Der Seil Glas, hat seinen Floßbetrieb an die Familie Angermaier verkauft, die ihn ja heute noch betreibt. Nach und nach gab es auch andere Weg, um Güter nach München zu transportieren. Der Floßbetrieb wandelte sich von einem reinen Transport-Betrieb zum Passagier-Floß. Der Angermaier Wastl, alias Überführer, der war ein Unikum. Für ein paar Pfennig transportierte er die Arzbacher über die Isar nach Gaißach und umgekehrt.

Der Überführer “Sebastian Angermeier”

1980 wurde die Fähre vom Überführer eingestellt. Die Bügermeister beiderseits der Isar, Kaspar Wohlmuth und Josef Bauer bemühten sich um eine Brücke als Ersatz. Sie verbindet bis heute Gaißach und Wackersberg und eröffnet den Arzbachern den Bahnanschluss nach Obergries.

Die Schule vom Dorf war ja immer schon in Höfen. Wie hast du denn damals die Schulzeit dort erlebt?

Das war auf jeden Fall ganz anders wie heute. Wir wurden nicht mit dem Bus gefahren, sondern mussten alle zu Fuß gehen. Das waren besonders im Winter manches Mal ganz schöne Strecken. Aber uns hat das nie etwas ausgemacht. Es gab noch richtige „Dadzn“(Schläge) früher, heute Gott sei Dank nicht mehr vorstellbar.

Ich erinnere mich immer an den Lehrer Breit, an die Lehrerin Ibelher. Da hast du mir schon oft so manchen Geschichten erzählt. Der Lehrer Dörfler war noch ein Jahr an der Schule, als ich 1987 eingeschult wurde. Heute gehen unsere Kinder auf die gleiche Schule, es ist schon wirklich lustig wie sich jetzt alles wiederholt.

Bis 1969 konnten die Wackersberger Schulkinder ihre gesamte Schullaufbahn bis zum Hauptschulabschluss absolvieren. In diesem Jahr wurde im Rahmen einer Schulreform die Haupt- auf eine Teilhauptschule reduziert. 1973 kam dann das endgültige Aus für die Hauptschule, die Schule wurde aus reine Grundschule weitergeführt, welche sie bis heute noch ist. Bei einer Christbaumversteigerung im Arzbacher Hof hatte mein Papa einmal den Meßstab von Herrn Dörfler ersteigert, der unter anderem auch als „Dadzstab“ verwendet wurde. Das Schulhaus war damals gleichzeitig das Rathaus vom Dorf. Es gab ein kleines Zimmer, bei dem auch die standesamtlichen Trauugen abgehalten wurden. Meine Eltern haben 1965 dort geheiratet. Heute ist das Rathaus in Oberfischbach.  Wackersberg und Oberfischbach waren eigene Gemeinden, bis sie bei der Gemeindegebietsreform 1978 zu einer Gemeinde zusammengefasst wurden.

Wackersberg wurde urkundlich erstmals 1195 als Berg „Waccerberch“ erwähnt, wie es aus der Dorfchronik hervorgeht. Der Freisinger Bischof Otto der II. bestätigte so die unter Otto I. zwischen 1150 und 1158 getätigte Schenkung an das von ihm gegründete Kloster Schäftlarn. Das Kloster ließ daraufhin den Wackersberg roden und besiedeln. Um 1255/56 griff Gebhard von Tölz, ein Enkel Gebhards von Hohenburg, in die Rechte des Klosters ein, indem er Wackersberg besetzte. Auf die Vermittlung seines Bruders, des Freisinger Bischofs Konrad I., verpflichtete sich Gebhard in einer Urkunde, alles von ihm gewaltsam Besetzte am Wackersberg an Schäftlarn zurück zu geben. Besonders die Kriegszeit und das Ende des zweiten Weltkrieges brachte viele gefährliche Situationen in die Gemeinde. In den Ortschaften verschanzten sich Angehörige der SS und andere halbaufgelöste Truppen, um Widerstand gegen die herannahenden Amerikaner zu leisten.

Du warst ja zum Ende des Krieges noch ein kleiner Bub, kannst du dich überhaupt noch daran erinnern?
Sehr gut sogar. Ich glaube das sind einfach prägende Erinnerungen, die bleiben. Ich weiß noch, dass den ganzen Arzbach entlang die Munition der SS lag. Wir Buben haben gedacht das wäre irgendwie so ähnlich wie Platzpatronen und haben sie ins Feuer geworfen. Es hat gekracht und geknallt. Gerade noch konnten wir in Deckung gehen. Als die Amys einmarschierten, haben sich überall bei uns einquartiert. Auch bei uns haben welche im Haus gewohnt. An den Häusern brachten die Bewohner, weiße Bettücher oder Laken an, als Zeichen damit man sicher ergeben hatte und keine SS-Leute im Haus anwesend waren. Die Amys waren immer human zu uns. Sicher gab es auch da Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen denke ich in erster Linie an die ersten Kaugummis erinnern, die freundliche und lachende Soldaten aus Amerika an uns verteilten. 

Sehenswert ist die spätgotische katholische Pfarrkirche St. Nikolaus im Wackersberger Dorfkern, die im 15. Jahrhundert errichtet und ab 1688 umgestaltet wurde und weitgehend ihr heutiges Aussehen erhielt. 1759 erhielt sie den neuen Hochaltar, 1768 wurde das Chorgewölbe ausgemalt und 1829 wurde das Langhaus ausgebaut und die Chormauern erhöht. Der Satteldachturm entstand im 1872 neu, ebenso wie ein neuer Hochaltar. Die Ausstattung der Kirche stammt zum Großteil aus dem späten 17. Jahrhundert. Am nördlichen Rand des Dorfes findet man zudem die Auferstehungskapelle, die 1706 erbaut und 1712 erweitert wurde. Reizvoll sind im Dorf die, vor allem in der Dorfstraße und in der Kirchstraße, liegenden alten Bauernhäuser aus dem frühen 19. Jahrhundert und das Pfarrhaus von 1904. Am Fuße der Kirche liegt außerdem das Denkmal an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Die nicht weitentfernte Pestkapelle im Ortsteil Lehen, wurde 1634 von den nur sieben Überlebenden der Epidemie erbaut.

die Sennerein Berta und Hirtabua Gottä (2 von links) auf der Alm

 

Mir fällt noch so viel ein, was ich über Wackersberg erzählen könnte. Die Gebirgsschützen, die Wackerberger Musikanten, ihre Traditionen und Bräuche. Über den Sportverein, über den Tourismus, über die Einheimischen oder ihre prominenten Bürger.  Über die Berge im Wackersberger Voralpenland. Über die Zeit als mein Papa noch Hirtabua im Lägental war und dass man damals einen ganzen Sommer auf die Alm ging und ein paar Woche länger schulfrei hatte, als die die anderen Kinder. Es gäbe noch so viel was ich euch von Wackersberg und von Arzbach erzählen könnte.  Ich denke mir was es doch für ein Glück ist, in so einem Ort leben zu dürfen. Die Zeit steht manches Mal ein bisserl länger still. Die Luft ist manches Mal ein bisserl klarer, die Vögel pfeifen ein bisserl lauter am Morgen und die Sonne scheint oft ein bisserl heller für mich. Mein Herz jedenfalls schlägt jedes Mal schneller, wenn ich einmal länger von daheim weg war und wieder ich nach Hause komme.  Und das nicht bloß a bisserl. Ich gebe es gerne offen zu: ich bin aufrichtig verliebt in mein kleines Dorf, seine griabigen Bewohner, seine wunderschönen Fleckerl und hoffe du allerspätestens jetzt auch. Ein bisserl zumindest.

Papa dir geht’s doch da genauso?

Ganz genauso. Für mich ist Arzbach der Himmel auf Erden. Anders konn ich’s ned sagen.

Ja, dann is ja guad.

 

 

 

Wenn der Gast König und das Leben ein Fest ist

Wenn der Gast König und das Leben ein Fest ist

„Der Gast ist König.“ Dieser Satz wurde so oft zitiert und wenn ich auch weiß, was er in seinem Kern bedeutet, konnte ich ihn nie ganz unterschreiben. Ich glaube, wer in der Gastronomie arbeitet, dem sollte es wahre Freude bereiten Gastgeber zu sein und Menschen zu dienen. Genau in dieser Tätigkeit liegt eine tiefe Hingabe, so finde ich.


Ich hatte mal ein sehr langes und intensives Gespräch mit zwei Kinderkrankenschwestern, die beide in der Münchner Kinderonkologie arbeiten und darüber was im Gegensatz zu ihnen schon passiert, wenn uns ein Fehler unterläuft. Vielleicht sind die Kartoffeln versalzen oder ich kippe versehentlich ein Glas Rotwein auf das neue, fliederfarbene Sommerkleid eines Hochzeitgastes, was alles schon vorgekommen ist und was ich heute noch am liebsten ungeschehen machen würde. Aber im Vergleich zu dem sensiblen Umfeld in der Kinderonkologie, in der es sprichwörtlich um Leben oder Tod geht, ist das nicht im Ansatz zu vergleichen. Und da haben mir beide etwas sehr weises geantwortet, dass ich seitdem im Herzen trage und an das ich mich hin und wieder erinnere. Im Leben geht es darum sich gegenseitig „zu dienen“, sein Bestes zu geben, jeder das was er kann. Im Leichten, wie im Schweren und alles gehört irgendwie zusammen. „Was ist denn mehr Leben und Leichtigkeit als Essen, Trinken und zusammen feiern?“ hat mir einer der beiden Kinderkrankenpflegerinnen von damals geantwortet. Ich fand sie hat Recht und seitdem habe ich augenblicklich aufgehört, das eine wertvoller, als das andere zu betrachten.

Wenn wir neue Mitarbeiter bei uns einstellen, dann ist uns eine Sache besonders wichtig. Dieses Gefühl für den Gast. Ganz ehrlich, am liebsten würde ich jeden Gast umarmen, einfach dafür, dass er zu uns kommt. Nur deswegen gibt es ja den Arzbacher Hof und deswegen sind wir alle hier. Das Ziel ist, dem Gast eine wundervolle Zeit zu schenken. Am allerbesten in rauen Mengen, damit er eine große Extra-Portion davon mit zu sich nach Hause nehmen kann. Für den Service bedeutet das, authentisch und echt zu sein. Ich behaupte ja, dass Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Offenheit Grundvoraussetzungen sind. Wie Service funktioniert und das ganze Know-How drum herum, das ist erlernbar. Umso mehr Freude und Leidenschaft mit im Spiel ist, umso besser und umso schneller kommt man voran.

Die letzten Jahre haben wir im Arzbacher Hof dafür immer wieder Serviceschulungen angeboten. Für alle die richtig Lust hatten in der Gastronomie zu arbeiten, aber keine Ahnung davon, wie man zum Beispiel vier Teller trägt, ein Tablett richtig hält oder wie Weinservice funktioniert. That’s it! Es kommt vielmehr darauf an, ob jemand grundsätzlich in die Gastronomie passt. Die Sache mit der Freundlichkeit, wie man mit Gästen umgeht, deine Teamfähigkeit und deine Einstellung ganz allgemein. Gastronomie, das ist manches Mal anstrengend und oft harte Arbeit, aber macht mindestens genauso viel Spaß. Vorausgesetzt es ist deins. Authentisch kann man eben nur sein, wenn man sich in wohl fühlt, mit dem was man tut. (das trifft übrigens auf jede Art von Arbeit zu)

Ich persönlich finde, die mürrische Kellnerin genauso fehl am Platz, wie das aufgesetzte Lächeln von geschultem Fachpersonal, welches zu oft nur in auswendig gelernten Standardsätzen antworten kann. Ich muss den Mensch dahinter spüren und schon das Gefühl haben, dass jemand seine Arbeit gern macht, noch besser aufrichtig liebt. Aber was ist denn nun mit dem Gast? Ist er denn nun König oder nicht? Im Grunde würde ich sagen schon. Doch auch hier gibt es eine goldene Regel. König sein bedeutet nämlich auch dem Servicepersonal, den Köchen und Köchinnen, einfach allen die dazu beitragen, dass es dem Gast gut geht, auf Augenhöhe und mit echter Wertschätzung zu begegnen. Ich erinnere mich an eine Situation aus meiner Ausbildung, an dem mich ein Gast so respektlos behandelt hatte, dass mir aus reiner Hilflosigkeit die Tränen in die Augen stiegen. Ich machte damals einfach nur einen Fehler, weil ich eben gerade angefangen hatte zu lernen und weil ich es nicht besser wusste. Situationen wie diese waren Gott sei Dank die Ausnahme, aber sie haben mich geprägt. Ich glaube, Fehler zu machen ist unumgänglich und wichtig, besonders wenn man lernt. Ich würde sagen, man muss dabei unbedingt mutig und freundlich bleiben und genau das, macht wie so oft den Unterschied. Es immer jedem Recht zu machen, geht schlichtweg nicht. Das habe ich auch lernen müssen und es geht am allerwenigsten, wenn das Problem ganz woanders liegt. Du kannst versuchen einen Gast mit schlechter Laune zu überzeugen, dass es das Leben gut meint. Wenn du es schaffst, ist das ganz wunderbar! Wenn nicht, koche einfach weiter mit Liebe, dann schmeckt auch das Essen. Sei ganz einfach weiter freundlich & mutig und wenn du der Gast bist, dann genieße königlich. Sei manches Mal nachsichtig, wenn kleine Fehler passieren, wir sind alle Menschen, die nur ihr Bestes geben. Und das werden wir einfach weiterhin tun: unser Bestes geben und jeden Augenblick davon auskosten. Das Leben ist ein Fest und wir feiern es gerne zusammen mit dir. Jeden einzelnen Tag,  Und das Allerbeste ist es, wenn aus all den Königen einmal echte Freunde geworden sind.

Du glaubst nicht wie glücklich wir sind, dass du da bist. Danke dafür aus ganzem Herzen.