Wie die Ruhe zu mir kam – 7 Tipps für mehr Gelassenheit

Wie die Ruhe zu mir kam – 7 Tipps für mehr Gelassenheit

Im Arzbacher Hof und auf dem Alpencampingplatz ist Hauptsaison und wie jedes Jahr sind wir mittendrin. Die vielen Menschen, die in unserem Haus ein und ausgehen und denen wir tagtäglich begegnen. Wir haben es uns so gewünscht und möchten es nicht anders haben. Es ist wunderbar. Ohne Zweifel. Manches Mal aber, wird die kleine Stimme in mir überlaut. Sie ruft mir zu, dass es jetzt Zeit ist für einen Augenblick Ruhe. Nicht später oder irgendwann, sondern genau jetzt. Nun bin ich hier aufgewachsen und kenne sie, diese kleinen, versteckten, stillen Orte im Isarwinkel, in denen soviel Kraft liegt. Erst vor ein paar Tagen war ich wieder dort. Unsere großen Kinder waren im Alpenbad nebenan, alle Anreisen waren da, jeder freie Platz auf dem Alpencampingplatz belegt, im Arzbacher Hof werde ich erst abends wieder gebraucht. Natürlich fallen mir tausend Dinge ein, was ich jetzt tun könnte. Wäsche waschen zum Bespiel. Oder aufräumen. (geht immer) Doch stattdessen nehme ich unsere kleine Tochter bei der Hand und mache mich mit ihr auf den Weg zu unserem Wasserfall im Arzbach.Als wir dort ankommen, sind wir ganz allein dort. Wir tauchen unter. Einmal. Zweimal. Immer wieder. Kati quietscht vor Freude.  Erst als unsere Lippen blau sind, legen wir uns auf die heißen Steine am Bachrand und blinzeln in die Sonne. Wir sprechen kaum. Es ist so friedlich und so still, dass ich mein Herz schlagen hören kann. Und Katis als ich meine Hand auf ihre Brust lege. „Fühlst du das auch?“ frage ich sie. Sie ist immer noch vier, aber weise für viele Leben und antwortet verwundert: „Aber das ist doch immer da.“ „Stimmt,“ antworte ich. Wir bleiben schweigend nebeneinander liegen und meine Gedanken fliegen leise durch meinen Kopf, bis mir wieder einfällt wie es war, als die Ruhe zu mir kam.

Lieblingsplatz am Arzbach

Ich glaube ich war von Natur aus immer eher schon ein gelassenes Kind. Ich weiß nicht, ob das angeboren ist oder ob nicht vielleicht alle um 1980 geborenen Kinder im Laufe ihres Lebens eine gewisse Grundgelassenheit erwerben. Es gab kein Handy, drei Programme im Fernsehen und bei Regenwetter und unermüdlicher Langeweile halfen nur die eigenen Ideen. Wir hatten nicht die elementaren Sorgen, wie die Generationen vor uns und der Klimawandel war noch nicht in unser Bewusstsein getreten. Uns gings grundsätzlich gut. Es war die Zeit als man anfing wieder groß zu  träumen und irgendwie alles möglich war. Ich war ein Kind, dass immer schon gerne zur Kirche ging. Was insofern außergewöhnlich war, weil keiner in meiner Familie wirklich regelmäßig, was natürlich auch beruflich bedingt war,  die Zeit dafür hatte. Als ich alt genug war, bin ich einfach alleine zum Gottesdienst gegangen. Ich liebte die Rituale und hörte unglaublich gerne zu, wenn aus der Bibel Geschichten und Evangelien gelesen wurden. Manches Mal, wenn ich Rat brauchte, dann bin ich zur Kirche vorgegangen, habe mich nur ein kleines bisschen dort aufgehalten und im Stillen gebetet. Mir war danach immer leichter ums Herz.

In der Wackersberger Pestkapelle

Meine Mama hatte mir ein paar von den Abendgebeten, welche sie als Kind gelernt hatte, mit auf den Weg gegeben. Bald entwickelte sich draus mein ganz eigener Dialog mit Gott und mit meinen Schutzengeln. So konnte ich alles was schwer und belastend war einfach loslassen. Am allermeisten aber bedankte ich mich für alle die wunderbaren Menschen und guten Dinge, die bei mir waren. Dadurch bekam ich das Bewusstsein, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Dieses Ritual habe ich an unsere Kinder weitergeben, weil ich so davon überzeugt bin, dass Dankbarkeit der Schlüssel zu allem ist. Als ich erwachsen wurde, hat mich mein Gefühl in die Welt hinausgezogen. Ich bin ihm einfach gefolgt, überall dorthin, wo mein Herz am stärksten und lautesten vor Freude geschlagen hat. Auf jeder dieser Reisen habe ich eins am meisten gelernt: das ich vertrauen kann und dass ich, wenn ich meiner Intuition folge, am Ende schon alles gut wird.  Mein Glaube hat sich verändert. Er war auf einmal nicht mehr an meine kleine Kirche in Arzbach gebunden, sondern allumfassend. Ich glaube an die Liebe und ihre große Kraft. Dass da irgendwas ist, was uns leitet und führt. Es sind mir wahre Wunder begegnet, die ich bis heute nicht so richtig erklären kann, aber trotzdem waren sie auf einmal da. Wie vom Himmel gefallen. Alles zusammen hat sich das irgendwann als unerschütterliches Urvertrauen in mir manifestiert. Ich habe aber auch gelernt, wie erdrückend und verurteilend, ja sogar gefährlich Glaube sein kann und dass dieser Glaube sehr wenig mit dem gemein hat, wie ich ihn fühle.  Im Grunde ist es ganz egal an was oder wen du glaubst, alles was zählt ist: was sind deine Grundsätze und handelst du tatsächlich auch danach? Ich kenne die mitfühlendsten und ehrlichsten Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind und auf der anderen Seite die, die im Namen des Glaubens menschenverachtenden Dinge tun. Für mich ist Glaube auch das Gefühl mit allem verbunden und nicht alleine zu sein. Ich bin an dem Ort aufgewachsen, an dem ich heute noch lebe. Auch wenn er sich im Laufe der Jahre verändert hat, so ist er doch immer noch mitten in der Natur. Genau dieser Ort und die viele Zeit die ich als Kind draußen am Arzbach verbracht habe, war einer meiner größten Lehrmeister in Geduld, Demut und das was es bedeutet, wirklich in Freiheit zu leben

Ruhe am Walchensee

Die Gelassenheit war immer bei mir. Die Ruhe auch. Nur hatte ich es nie bewusst wahrgenommen. Ich habe mich sehr lange schon mit allen „Übersinnlichen“(wenn man so will) beschäftigt. Ich kann mich erinnern, dass immer, wenn wir nach München zum Einkaufen gefahren sind, ich als erstes zum Hugendubel in die Abteilung „Spiritualität“ ging. Die damals zugegeben noch sehr klein war, jetzt aber merklich gewachsen ist. All diese Dinge zogen mich magisch an und so kam es dann auch, dass ich mit ungefähr siebzehn Jahren das Meditieren gelernt habe. Unsere alte Meditationsgruppe von damals besteht mit einigen Veränderungen immer noch. Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben, soviel habe ich gelernt, soviel ist seitdem auch passiert. Ich kann nicht jede Woche dabei sein,  aber wenn ich mir dann einmal Zeit nehme, geniesse ich das sehr. Medieren fiel mir von Anfang an leicht, doch es war auch für mich ein Meilenstein, weil ich endlich ein Werkzeug zur Hand hatte, ganz bewusst wahrzunehmen, was ich vorher nur spürte, aber nie richtig in Worte fassen konnte. Als ich noch so jung war und gerade auf der Suche nach dem wer man selber überhaupt ist, half mir das extrem bei Entscheidungen. Ich lernte meine Gedanken ganz ruhig werden zu lassen und geduldig darauf zu warten bis eine Antwort kam. Das konnte eine Weile dauern, aber sie kam ausnahmelos immer. Ich vertraute mir. Meinem Instinkt. Meiner Intuition.

So ist es heute noch. So seltsam es sich anhören mag, aber ich weiß jetzt um den Reichtum in mir. Wenn im Außen alles laut und wild ist, weiß ich all das ist bei mir. Ich muss nur tiefer spüren. Nur genau hinhören. Ich glaube felsenfest Gelassenheit kann man lernen. Es mag dauern. Geduld zu haben gehört ja auch zur Gelassenheit. Allein schon ein Bewusstsein für den Augenblick zu entwickeln und eine Achtsamkeit für die Menschen und Dinge um einen herum, sind ein erster, großer Schritt in diese Richtung. Ich habe versucht 7 Punkte auf den Weg zur mehr Gelassenheit, Ruhe und vor allem Seelenfrieden mit dir selbst für dich zusammenzufassen. Bedenke, das sind nur die Punkte die ich aus meiner Sichtweise heraus aufschreiben kann. Vielleicht sind es bei dir ganz andere. Vielleicht führt dich dein Weg ganz woanders hin. Es geht auch nicht um einen Königsweg, den man der Reihe nach erfühlen muss, sondern nur um eine weitere Möglichkeit unter den vielen anderen, die alle zum Ziel führen können.

1. Konzentriere dich auf das Postive in deinem Leben  

Egal in welche Situation du dich auch befinden magst, du hast immer die Wahl daran zu zerbrechen oder das Beste daraus zu machen. Achte auf deine Gedanken. Du erschaffst so viel selbst, alleine dadurch wie du die Welt siehst. Übernimm die Verantwortung für dein Leben und lass sie dir durch nichts und niemanden nehmen. Sei selbstbestimmt und versuche das Gute in jedem Menschen und jeder Gelegenheit zu sehen. Das ist keine naive Sichtweise, sondern damit vertraust du dir selbst und dem Leben.

2. Suche nach der Kraft, die dich antreibt

Der Sinn des Lebens nach dem wir alle Streben. Oft ist er in den kleinen Dingen verborgen. Schaue genau auf das was dir Freude bereitet und verbringe möglichst viel Zeit damit. Natürlich gehört auch Unangenehmes zu Leben dazu, das man am liebsten umgehen möchte. Aber wenn du auch darin den Sinn erkennst, dann fällt es dir leichter damit umzugehen. Wenn du in etwas über längere Zeit keinen Sinn findest, überlege dir, ob du es nicht lieber sein lässt. Wenn du ganz genau weißt, wo deine Energiequellen liegen, wirst du sie auch nutzen können.

3. Finde deine Orte, an denen du zur Ruhe kommst

Das mag ein Platz im Wald sein oder am See sein, die Erinnerung an den letzten Urlaub am Meer oder einfach nur zu Hause auf deinem Liegestuhl. Finde heraus, wo du deine Ruhe findest. Das Wissen, dass du diese Orte jederzeit besuchen kannst, wenn auch nur im Geiste, ist wie ein kleiner Zufluchtsort und ein Aus-Schalter, wenn alles einmal viel zu laut um dich wird. Sammele diese Orte ganz bewusst.

Letzten Sommer in Kalifornien, mein ganz persönlicher Sehnsuchtsort, mit dem ich mich tief verbunden fühle

4. Finde heraus an was du glaubst

Das ist sehr persönlich uns sehr individuell. Es mag sein, dass du dabei herausfindest, dass  du    Glaubenssätze und alte Muster verinnerlicht hast, die dir nicht gut tun. Es ist Zeit neue zu kreieren, du wirst sehen, dann werden wahre Wunder geschehen.

5. Gib deinen Träumen Raum

Träume sind der Schlüssel zu dem wer du wirklich bist. Wenn du dich nicht weißt, was deinem tiefsten Wesen am meisten entspricht, dann frag jemanden, der dich als Kind gekannt hast. Mit was konntest du dich stundenlang beschäftigen, bei was hast du die Zeit vergessen? Zu wissen wer du bist, schenkt dir große innere Ruhe.

6. Folge deiner Intuition & vertraue

Dein Gefühl wird dich leiten und dir hin und wieder etwas ganz Verrücktes zuflüstern. So absurd mancher Gedanke erscheinen mag, verwirf ihn nicht gleich. Manches Mal braucht es nur einen kleinen Schritt nach vorne und ein anders Mal einen krassen Schnitt, um dir wieder nah zu sein. Je nach dem wie weit du von deinem ganz persönlichen Kurs entfernt gewesen bist. Vertraue darauf, wenn immer du deinem Gefühl folgst, alles gut wird. Vertraue darauf, dass es das Leben gut mir dir meint.

7. Steht zu dir selbst und bleib bei dir

Bleib offen, aber schau nicht zu sehr nach links und rechts. Steh zu dir. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der ganz genauso ist wie du und der das Gleiche erlebt hat. Deswegen kannst auch nur du deine Entscheidungen treffen und nur du Lösungen finden. Lass dich nicht verunsichern und noch weniger, verändere dich für andere. Ruhe in dir selbst.

Vor ein paar Tagen sind zwei Familien auf dem Alpencampingplatz abgereist. Beide sind exakt zur selben Zeit angekommen. Die erste Familie war enttäuscht darüber, dass das Wetter so durchwachsen war. Die zweite erzählte mir freudestrahlend von ihren gemeinsamen Unternehmungen  und von dem was sie alles noch vorhaben, wenn sie das nächste Mal wiederkommen. “Hoffentlich habt ihr da besseres Wetter,” entgegenete ich ohne viel nachzudenken. “Wieso, dass Wetter war doch wunderbar. Es hat jeden Tag die Sonne gescheint!” Das stimmte und das sogar mehr, als es geregnet hat. Nur wusste es die zweite Familie besser zu nützen und hat so den Regen kaum wahrgenommen. “Außerdem ist es deswegen so schön grün in Bayern,” setzten sie noch eins drauf. Und schon wieder haben sie Recht.

Fotos: M.Linke

Glücklich ist nicht, wer anderen so vorkommt, sondern wer sich selbst dafür hält. -Lucius Annaeus Seneca